Immanuel Kant

Königsberger Klopse – Kritik bürgerlicher Wissenschaft
Kant ist ein Muß für Philosophen. Kein Studium ohne wenigstens eine Hauptvorlesung über ihn, keine Prüfung, keine Examensarbeit ohne reichliches Erwähnen des Königsbergers. Kant ist, wenigstens im deutschen Sprachraum, der unüberholbare Klassiker der modernen Philosophie. Andere wurden Ausgangspunkt von eigenen und umstrittenen Philosophen-Schulen – wie Hegel und Nietzsche, Carnap und Heidegger; Kant begründete die bürgerliche Philosophie, auf ihn können sich alle berufen, mögen sie sich auch untereinander wenig zu sagen haben: antimetaphysisch orientierte Vertreter der "analytischen Philosophie und Wissenschaftstheorie" genauso wie Metaphysiker und moderne Transzendentalphilosophen, Anhänger der "linken" "kritischen Theorie" wie "positivistische" Popperianer: In der Nachfolge Kants wollen sie alle stehen; am meisten natürlich die Ethiker, die um den kategorischen Imperativ überhaupt nicht mehr herumkommen.

Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Die alte griechische Philosophie teilte sich in drei Wissenschaften ab: Die Physik, die Ethik, und die Logik. Diese Einteilung ist der Natur der Sache vollkommen angemessen, und man hat an ihr nichts zu verbessern, als etwa nur das Prinzip derselben hinzu zu tun, um sich auf solche Art teils ihrer Vollständigkeit zu versichern, teils die notwendigen Unterabteilungen richtig bestimmen zu können.

Kritik der reinen Vernunft
Ob die Bearbeitung der Erkenntnisse, die zum Vernunftgeschäfte gehören, den sicheren Gang einer Wissenschaft gehe oder nicht, das läßt sich bald aus dem Erfolg beurteilen. Wenn sie nach viel gemachten Anstalten und Zurüstungen, so bald es zum Zweck kommt, in Stecken gerät, oder, um diesen zu erreichen,
öfters wieder zurückgehen und einen andern Weg einschlagen muß; imgleichen wenn es nicht möglich ist, die verschiedenen Mitarbeiter in der Art, wie die gemeinschaftliche Absicht erfolgt werden soll, einhellig zu machen: so kann man immer überzeugt sein, daß ein solches Studium bei weitem noch nicht den sicheren Gang einer Wissenschaft eingeschlagen, sondern ein bloßes Herumtappen sei, und es ist schon ein Verdienst um die Vernunft, diesen Weg wo möglich ausfindig zu machen, sollte auch manches als vergeblich aufgegeben werden müssen, was in dem ohne Überlegung vorher genommenen Zwecke enthalten war.

Kritik der Urteilskraft
Man kann das Vermögen der Erkenntnis aus Prinzipien a priori die reine Vernunft, und die Untersuchung der Möglichkeit und Grenzen derselben überhaupt die Kritik der reinen Vernunft nennen: ob man gleich unter diesem Vermögen nur die Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauche versteht, wie es auch in dem ersten Werke unter jener Benennung geschehen ist, ohne noch ihr Vermögen, als praktische Vernunft, nach ihren besonderen Prinzipien in Untersuchung ziehen zu wollen. Jene geht alsdann bloß auf unser Vermögen, Dinge a priori zu erkennen; und beschäftigt sich also nur mit dem Erkenntnisvermögen, mit Ausschließung des Gefühls der Lust und Unlust und des Begehrungsvermögens; und unter den Erkenntnisvermögen mit dem Verstande nach seinen Prinzipien a priori, mit Ausschließung der Urteilskraft und der Vernunft (als zum theoretischen Erkenntnis gleichfalls gehöriger Vermögen), weil es sich in dem Fortgange findet, daß kein anderes Erkenntnisvermögen, als der Verstand, konstitutive Erkenntnisprinzipien a priori an die Hand geben kann. Die Kritik also, welche sie insgesamt, nach dem Anteile, den jedes der anderen an dem baren Besitz der Erkenntnis aus eigener Wurzel zu haben vorgeben möchte, sichtet, läßt nichts übrig, als was der Verstand a priori als Gesetz für die Natur, als den Inbegriff von Erscheinungen (deren Form eben sowohl a priori gegeben ist), vorschreibt; verweiset aber alle andere reine Begriffe unter die Ideen, die für unser theoretisches Erkenntnisvermögen überschwenglich, dabei aber doch nicht etwa unnütz oder entbehrlich sind, sondern als regulative Prinzipien dienen: teils die besorglichen Anmaßungen des Verstandes, als ob er (indem er a priori die Bedingungen der Möglichkeit aller Dinge, die er erkennen kann, anzugeben vermag) dadurch auch die Möglichkeit aller Dinge überhaupt in diesen Grenzen beschlossen habe, zurück zu halten, teils um ihn selbst in der Betrachtung der Natur nach einem Prinzip der Vollständigkeit, wiewohl er sie nie erreichen kann, zu leiten, und dadurch die Endabsicht alles Erkenntnisses zu befördern.

Was ist Aufklärung (1784)
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Ralf Ludwig:
Kant für Anfänger – Der kategorische Imperativ Auszüge
Eine Lese-Einführung von Ralf Ludwig
Wer Kants berühmten "kategorischen Imperativ" in den Originaltexten aufspüren möchte, sollte oder gar muß, der findet hier einen hilfreichen Wegbegleiter für den Einstieg in eine faszinierende, aber nicht leicht zugängliche Lektüre. Dieses Buch ist ein Angebot, sich mit einem erfahrenen Leser auf den nicht unbeschwerlichen Weg zu machen, Schritt für Schritt mit der diesem Philosophen eigenen Terminologie vertraut zu werden, um am Ende befähigt zu sein, seine ethischen Werke selbst mit Vergnügen und Gewinn anzupacken. Denn im Bereich der Philosophie ein "Anfänger" zu sein, ist keine Schande – im Gegenteil: Das Eingeständnis ist schon der erste Meilenstein zur Überwindung dieses Zustandes, und das Mittel dazu liegt in diesem Bande vor.
Die Kritik der reinen Vernunft Auszüge
Eine Lese-Einführung von Ralf Ludwig
Wer Kants Hauptwerk "Die Kritik der reinen Vernunft" im Original lesen möchte, sollte oder gar muß ...