Der Christusmord Teil 1
Fortsetzung Teil 2

Man kann eine Falle verlassen.
Um jedoch aus einem Gefängnis ausbrechen zu können,
muß man erst zugeben, daß man im Gefängnis sitzt.
Die Falle ist die emotionale Struktur des Menschen,
seine Charakterstruktur.
Es hat wenig Zweck,
Denksysteme über das Wesen der Falle zu entwerfen,
wenn das einzige, was man zu tun hat,
um aus der Falle zu entkommen,
darin besteht, daß man die Falle erkennt
und den Ausgang findet.
Alles andere ist völlig nutzlos:
Hymnen darüber zu singen, wie sehr man in der Falle leidet,
wie der versklavte Neger es tut;
oder Gedichte über die Schönheit der Freiheit
außerhalb der Falle zu schreiben,
während man in der Falle davon träumt;
oder ein Leben außerhalb der Falle nach dem Tode zu versprechen,
wie es der Katholizismus seiner Gemeinde verspricht;
oder sich zu einem semper ignorabimus [ständigem Unwissen] zu bekennen,
wie es resignierte Philosophen tun;
oder ein philosophisches System,
um die Verzweiflung am Leben in der Falle aufzubauen,
wie Schopenhauer es getan hat;
oder sich einen Übermenschen zu erträumen,
wie Nietzsche es gemacht hat,
bis er, selbst in der Falle eines Irrenhauses gefangen,
endlich die volle Wahrheit über sich selber schrieb - zu spät ...

Die erste Aufgabe ist, den Ausgang aus der Falle zu finden.
Wie die Falle beschaffen ist, interessiert überhaupt nicht,
abgesehen von dieser einen entscheidenden Frage:
Wo ist der Ausgang aus der Falle?

Man kann eine Falle ausschmücken,
um das Leben darin bequemer zu gestalten.
Dies haben die Michelangelos,
die Shakespeares und die Goethes getan.
Man kann eine große Kunstfertigkeit
im Heilen von gebrochenen Knochen erwerben,
wenn einer in die Falle stürzt,
oder man kann Behelfsmechanismen erfinden,
um das Leben in der Falle zu verlängern.
Das haben die großen Naturwissenschaftler und Ärzte,
die Meyers, Pasteurs und Flemings, getan.
Doch der wesentliche Punkt ist und bleibt:
den Ausgang aus der Falle zu finden.
Wo ist der Ausgang in den endlosen, freien Raum?

Der Ausgang bleibt verborgen.
Das ist das größte von allen Rätseln.
Das Lächerlichste und zugleich Tragischste ist dies:
Der Ausgang ist für alle, die in der Falle sind, deutlich sichtbar,
und dennoch scheint niemand ihn zu sehen.
Jedermann weiß, wo der Ausgang ist.
Dennoch scheint niemand eine Bewegung darauf zu zu machen.
Mehr noch: Wer sich auf den Ausgang zubewegt
oder wer auf ihn zeigt, wird für verrückt erklärt
oder man nennt ihn einen Verbrecher oder einen Sünder,
der in der Hölle braten sollte.

Fortsetzung Teil 2