Gerhard Roth

Aus Sicht des Gehirns
Die Ergebnisse der Hirnforschung führen zur Diskussion um eine grundlegende Änderung des Bildes, das der mensch von sich selbst entworfen hat, nämlich des Bildes von einem Wesen, das sich aufgrund von Geist, Bewußtsein, Vernunft, Moral und freiem Willen weit über alle anderen Lebewesen erhebt.

Das Gehirn und seine Wirklichkeit
Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen
Ich verstehe mein Buch als einen (sicherlich unzulänglichen) Versuch des Brückenschlags zwischen Neurobiologie, Psychologie und Philosophie. Trotz aller Schwierigkeiten bei der interdisziplinären Zusammenarbeit hat sich gezeigt, daß es sich lohnt, diese Anstrengungen weiterzuführen. Ich habe versucht, meine Argumentation im Rahmen der heute in den Neurowissenschaften akzeptierten oder zumindest ernsthaft diskutierten Daten und Konzepte zu führen und solche Daten und Konzepte zu kennzeichnen, die umstritten sind. Freilich sind bei der Darstellung der Fakten Fehler unvermeidlich; selbst dem Fachmann ist nur der allerkleinste Teil seines weiteren Fachgebietes durch eigene Erfahrung vertraut, und er muß sich notgedrungen auf Wissen aus zweiter oder gar dritter Hand verlassen. In einer stürmisch sich entwickelnden Wissenschaft wie der Hirnforschung stellt sich schnell etwas als Irrtum heraus, und vieles von dem, das heute als gesichert gilt, kann morgen schon falsch sein (und gelegentlich übermorgen doch wieder zutreffen).

Fühlen, Denken, Handeln
Wie das Gehirn unser Verhalten steuert
Wer oder was bestimmt unser Verhalten? Seit Menschen – als Priester, Theologen, Philosophen, Wissenschaftler oder Dichter – begannen, über den Sinn menschlicher Existenz nachzudenken, haben sie sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Ihre Antworten bewegen sich zwischen den Extremen einer völligen Fremdsteuerung und einer völligen Eigensteuerung des Individuums. Das eine Extrem findet sich im Glauben an eine göttliche Macht, die gütig oder arglistig das Schicksal der Welt und jedes Einzelnen determiniert, oder noch radikaler an ein nach ehernen Gesetzen ablaufendes Weltgeschehen ohne Ziel und Sinn (einfatum), dem die Menschen und selbst die Götter ausgeliefert sind.

Bildung braucht Persönlichkeit
Wie Lernen gelingt
Meine intensive Beschäftigung mit dem Thema »Lehren und Lernen« begann, abgesehen von meiner Lehrtätigkeit als Professor, vor rund zwölfJahren mit der Bitte des damaligen Bremer Bildungs- und Wissenschaftssenators Willi Lemke an mich, im schönen Bremer Rathaus vor einer größeren Anzahl von Bremer Lehrerinnen und Lehrern einen Vortrag mit dem Titel »Warum sind Lehren und Lernen schwierig?« zu halten. In diesem Vortrag versuchte ich eine Brücke zwischen den Fragen der schulischen Bildung und den neuen Erkenntnissen der Psychologie und der Hirnforschung zu Lehren und Lernen zu schlagen. Dies stieß auf großes Interesse, insbesondere bei meiner Kollegin Gisela Gründl von der Universität Bremen, die sich zusammen mit meinem Kollegen Prof. Heinz-Otto Peitgen mit Fragen der Mathematikdidaktik beschäftigte, und dies führte dann zur Gründung des »Forums Lehren und Lernen« an der Universität Bremen. Meine Berufung zum Rektor des Hanse-Wissenschaftskollegs (HWK) in Delmenhorst gab mir Gelegenheit und Mittel, solche Initiativen weiter zu verfolgen, wiederum ermutigt von dem damaligen HWK-Stiftungsratsvorsitzenden Willi Lemke. Es folgten zahlreiche Veranstaltungen mit Pädagogen, Didaktikern, Schulleitern, Lehrern und Lehramtskandidaten, in denen wir mit einer größeren Schar weiterer Verbündeter versuchten, unsere Ideen in die Schulen und Klassenräume zu tragen.

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern
Mit zwei Fragen des Alltags beschäftigen sich die Menschen, seit sie begonnen haben, über sich selbst, ihr Handeln und das ihrer Mitmenschen nachzudenken, nämlich erstens: »Wie soll ich mich entscheiden? Soll ich eher meinem Verstand oder eher meinen Gefühlen folgen?« und zweitens: »Wie schaffe ich es, Menschen so zu verändern, dass sie das tun, was ich von ihnen will? Und wie schaffe ich es, mich selbst zu ändern?«

Wie einzigartig ist der Mensch?
Die lange Evolution der Gehirne und des Geistes
Wie haben sich im Laufe der Evolution Nervensysteme und Gehirne entwickelt, wie kognitive Leistungen bis hin zum Bewusstsein, kurz „Geist" genannt, und welcher Zusammenhang besteht zwischen beiden Prozessen?Das sind die zentralen Themen dieses Buches. Natürlich geht es in diesem Zusammenhang insbesondere um die Frage, ob dem Menschen und seinen geistigen Leistungen eine Sonderrolle zukommt – ob der menschliche Geist „einzigartig" ist.

Coaching, Beratung und Gehirn
Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte
Die Welt des Coachings und die der Neurowissenschaften scheinen in vielerlei Hinsicht weit auseinanderzuliegen. Coaching ist natürlicherweise praxisorientiert und war bisher wenig um eine solide theoretische Fundierung dieser Praxis bemüht. Die Neurowissenschaften sind als naturwissenschaftliche Disziplin überwiegend durch Experimente und Laborarbeit gekennzeichnet. Jedoch haben Neurowissenschaftler in enger Zusammenarbeit mit Psychologen, Psychiatern und Psychotherapeuten in den vergangenen zwei Jahrzehnten viele neue Erkenntnisse über die Grundlagen des menschlichen Fühlens, Denkens und Handelns gewonnen, und Praktiker aus Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie haben begonnen, diese Erkenntnisse für sich und ihre therapeutische Tätigkeit nutzbar zu machen. Eine neurowissenschaftliche Fundierung der eigenen Praxis stößt einerseits auf großes Interesse, andererseits ist dieser Diskurs oft von »Bauchschmerzen« begleitet, weil vielerlei liebgewonnene Denkgewohnheiten überwunden werden müssen.

Die erste Bindung
Wie Eltern die Entwicklung des kindlichen Gehirns prägen
Dieses Buch handelt vom wichtigsten Abschnitt unseres Lebens, nämlich den 9 Monaten vor und den ersten Jahren nach unserer Geburt. Wie neueste gesicherte Erkenntnisse belegen, werden in dieser Zeit die Grundlagen unserer weiteren körperlichen und geistig-psychischen Entwicklung geschaffen. Nicole Strüber, Neurobiologin, Psychologin und Mutter von Zwillingen, hat hierüber nun ein wunderbares Buch geschrieben.

Wie das Gehirn die Seele macht
Die eingehende Beschäftigung mit der Thematik dieses Buches begann 1997 mit der Gründung des Hanse-Wissenschaftskollegs, einer Einrichtung der Bundesländer Niedersachsen und Bremen in der zwischen Oldenburg und Bremen gelegenen Stadt Delmenhorst. Es ging damals darum, die wissenschaftliche interdisziplinäre Tätigkeit des Hanse-Kollegs längerfristig zu planen, und bei der Suche nach einem großen Rahmenthema entschieden wir uns für »Determinanten menschlichen Verhaltens«, die wir in den Bereichen der Neuro- und Kognitionswissenschaften, der Philosophie, der Sozialwissenschaften und der Anthropologie in Einzelprojekten behandeln wollten. Was uns und dem damaligen, leider viel zu früh verstorbenen Mitarbeiter Uwe Opolka dabei sehr am Herzen lag, war das Thema »Seele und Gehirn«. Wir wollten Neurobiologen, Psychologen, Psychiater, Psychotherapeuten und Philosophen zusammenbringen und zu gemeinsamen transdisziplinären Diskursen und Projekten anregen.