Auszüge aus Manfred Spitzer's
"Vorsicht! Bildschirm"

Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft

zurück zu Spitzer

Vorwort

Warum ein Buch, das vor Bildschirmen warnt? Ist das nicht unnötige Panikmache? Haben wir uns nicht schon um viel zu viele Dinge Sorgen zu machen: um die steigenden Preise und die Arbeitslosen, die schwindenden Renten und die Zukunft der jungen Leute, die gefährliche Umweltverschmutzung, unser streßvolles Leben, die kriegerischen Konflikte in der Welt? – Bildschirme, so scheint es dagegen zunächst, sind harmlos. Sie verändern unser Leben, und manchmal verschönern sie es, je nachdem: Wir werden dafür bezahlt, daß wir tagsüber im Büro vor ihnen sitzen (und sie unser Leben verändern), und wenn wir abends und am Wochenende vor ihnen sitzen (auf daß sie das Leben verschönern), dann zahlen wir dafür. Gefährlich scheinen Bildschirme jedenfalls nicht. Sie sind vielmehr, ebenso wie Autos und Krankenhäuser, Faxgeräte und Kraftwerke oder Mikrowellenherde und Shopping-Zentren Bestandteil unserer friedlichen und harmlosen Zivilisation. So könnte man meinen.

Die Fakten sehen anders aus. Betrachten wir als Beispiel das Auto. Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Autos und es landete ein Raumschiff mit Wesen von einem anderen Stern, die deutlich intelligenter sind als wir. Nehmen wir nun an, diese Wesen würden uns erklären, daß wir unsere Transportprobleme durch eine genial-einfache Verknüpfung von Verbrennungsmotoren und Rädern lösen könnten. Sie würden uns das gesamte Know-how überlassen, als Gegenleistung jedoch würden diese Wesen von uns fordern, daß wir ihnen dafür jährlich eine Million Menschenopfer liefern – zufällig ausgewählt. Ein Aufschrei ginge um die Welt! "Niemals werden wir unserer Faulheit zuliebe Menschen opfern; lieber schleppen wir uns ab; barbarischer Kerl, wer so etwas gutheißt!", würden die Menschen sagen. Und erfanden selbst das Auto – mit nicht nur etwa einer Million Verkehrstoten weltweit jährlich, sondern auch mit weiteren 20 Millionen Verletzten (oft mit lebenslanger Behinderung als Folge), mit der Versiegelung der Oberflächen (und gesteigerter Hochwassergefahr), Lärm und Gestank (und all den dadurch bedingten Folgen für die Umwelt).

Oder betrachten wir die Kraftwerke zur Stromerzeugung. Sie führen zu einer höheren Belastung der Menschen mit Kohlendioxid, Rußpartikeln oder Radioaktivität und damit zu gesundheitlichen Risiken und Gefahren. Verglichen mit dem Auto sterben an Kraftwerken jährlich jedoch nur wenige Menschen, selbst wenn man die kleinen Zwischenfälle oder die großen Unfälle von Sellafield, Three Mile Island, Harrisburgh, Chernobyl und Tokaimura mit einbezieht. Viele Menschen nehmen dennoch beispielsweise die Kernkraft so ernst, daß sie gegen sie auf die Straße gehen.

Man kann berechnen, daß durch Bildschirm-Medien in Deutschland jährlich deutlich mehr Menschen den Tod finden als durch Autos und Kraftwerke zusammengenommen. Bildschirme erzeugen darüber hinaus ein hohes Ausmaß an Behinderung und Leid. Warum hat eigentlich noch nie jemand gegen Bildschirm-Medien demonstriert?
Ähnlich wie beim Auto oder bei Kernkraftwerken und anders als beispielsweise bei einem Kohlekraftwerk merken die meisten Menschen die schädlichen Effekte von Bildschirm-Medien nicht. Den qualmenden Schornstein sehe ich jeden Tag und er stört mich deswegen jeden Tag; einen Unfall hat man im Durchschnitt jedoch nur alle 27 Jahre. Also hat jeder Autofahrer aus seiner Erfahrung guten Grund zur Annahme, daß ihm schon nichts passieren wird. Und bei den elektronischen Medien kommt hinzu, daß die wenigsten Menschen überhaupt wissen, welche Gefahren vom Bildschirmkonsum ausgehen können. Und was man nicht weiß, macht einen nicht heiß.

Dieses Buch will daher aufklären und Fakten präsentieren. Es geht mir dabei nicht darum, Bildschirme in Bausch und Bogen abzulehnen oder die Medien insgesamt zu verteufeln. Ich selbst schreibe dieses Buch an einem Powerbook G4-Computer mit großem 15-Zoll-Bildschirm, trete wöchentlich in der Sendung Geist und Gehirn des Bayerischen Bildungskanals BRalpha im Fernsehen auf, und eines meiner wissenschaftlichen Projekte besteht in der Entwicklung des Internetbasierten (und damit Bildschirmgestützten) Systems GASPAR zur Diagnose und Therapie von Sprachstörungen im Kindesalter. Mein Leben kann ich mir ohne Bildschirme kaum noch vorstellen. Dennoch habe ich mich seit nunmehr fünf Jahren immer wieder gegen den kritiklosen Konsum des Fernsehens gewandt (Spitzer 1999), habe auf die Gefahren von Computerspielen ebenso hingewiesen (Spitzer 2001) wie auf die Probleme der Benutzung von Bildschirmpräsentationssoftware (Spitzer 2004). Ich habe also schon lange aus neurobiologischer bzw. aus medizinischer Sicht für Vorsicht gegenüber Bildschirm-Medien plädiert (Spitzer 2002, 2004).

Vor längerer Zeit schon kam mir daher der Gedanke, meine Publikationen in einem kleinen Buch zusammenzufassen, das zunächst nur von der Gewalt im Fernsehen handeln sollte. Dann wurde die Gefahr der Medien daraus und daraus wiederum entwickelte sich dieses Buch als Informationsquelle zu Bildschirm-Medien. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen sowohl in der Menge und Qualität der Daten als auch darin, daß die Argumente erst in der Zusammenschau etwa von Kriminalität und Cholesterinspiegel oder von Aufmerksamkeitsstörungen und Übergewicht so richtig plastisch werden. Es ist meine Hoffnung, daß die Erweiterung der Thematik des vorliegenden Buchs auf vielfältige körperliche und seelisch-geistige Folgeschäden des Konsums von Bildschirm-Medien das Verständnis der Zusammenhänge erleichtert.
Was zu tun ist, kann ich nur andeuten, zumal sich jeder seine eigenen Gedanken machen kann. Wer kleine Kinder hat, kann dafür sorgen, daß sie möglichst gar nicht mit Bildschirmen in Kontakt kommen. In Kindergärten und Grundschulen haben BildschirmMedien aus meiner Sicht ebenso fast nichts verloren. Zwölfjährigen Buben würde ich keinen Zugang zum Internet verschaffen, zwölfjährigen Mädchen durchaus. Für diese Konsequenzen finden sich Daten und Argumente in diesem Buch.

Ich selbst habe fünf Kinder und keinen Fernsehapparat. Vielleicht liegt dies an meinen drei wissenschaftlichen Aufenthalten in den USA. Dort hatte ich Gelegenheit zu erleben, was es heißt, in einer Gesellschaft zu leben, in der Gewalt an der Tagesordnung ist, in der jeder 32. Mann im Gefängnis sitzt und in der etwa ein Drittel der Jugendlichen glaubt, daß sie nicht eines natürlichen Todes sterben werden, sondern vielmehr als Opfer eines Gewaltverbrechens enden. Die folgende kleine Begebenheit hat mich vielleicht mehr zu diesem Buch motiviert als alle Daten und Fakten aus der wissenschaftlichen Literatur:

Während meines dritten Forschungsaufenthaltes in den USA vertrat ich im Wintersemester 1994 den frei gewordenen Lehrstuhl für klinische Psychologie an der Harvard University. Wir wohnten ganz in der Nähe des Campus, und sogar eine öffentliche Schule für die drei älteren Kinder befand sich in unserer Straße etwa ein Dutzend Häuser weiter. Die Martin Luther King School sah von außen eher wie ein Gefängnis aus – grauer schmuckloser Beton – und wurde auch ähnlich bewacht. Man konnte sie nicht einfach betreten, denn das Tor war verschlossen. Seitens der Schulleitung, der Lehrer, der Nachbarn und Freunde wurde uns damals der dringende Rat gegeben, die Kinder trotz des nur wenige Meter langen Schulwegs zu begleiten. Wollte man sein Kind abholen, so mußte man sich – zur Vermeidung von Kidnapping – entweder ausweisen oder zuvor hierzu die schriftliche Berechtigung einholen. Wohlgemerkt, wir wohnten in Cambridge, Massachusetts, einer Nachbargemeinde von Boston, der vielleicht "europäischsten" Stadt der Ostküste der USA, und nicht etwa in irgendeiner Stadt in Texas oder Arizona. Meine beiden großen Mädchen kannten amerikanische Schulen schon von früheren Aufenthalten, mein ältester Sohn kam jedoch in die erste Klasse. Bald nach seiner Einschulung erreichte uns ein an die Eltern der neuen Schüler gerichteter Brief des Direktors der Schule, den wir zur Kenntnis nehmend unterschrieben zurücksenden mußten. In diesem Brief war unter anderem vermerkt, daß es verboten war, den Kindern Handfeuerwaffen mit in die Schule zu geben.

Wir haben uns daran gehalten. Und ich begann damit, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Entstehung von Gewalt zu sichten. Die Episode macht vielleicht deutlicher als alle Statistiken, wie es sich mit der Neigung zu Gewalttaten in der reichsten Nation der Erde verhält.

In den USA hatte ich Gelegenheit, mit Wissenschaftlern ganz unterschiedlicher Fachzugehörigkeit zu sprechen und zu arbeiten. An der Harvard University beschäftigten sich Sozialpsychologen mit den sozialen Entstehungsbedingungen von Gewalt, während ein paar Kilometer weiter am Zentrum für Bildgebung des Gehirns des Massachusetts General Hospital Neurowissenschaftler damit angefangen hatten, Bilder des lebendigen Gehirns und seiner Funktion zu machen. So lernte ich sowohl Psychologie als auch kognitive Neurowissenschaft aus erster Hand kennen. Was man damals nicht ahnen konnte: Knapp zehn Jahre später läßt sich beides verbinden! Die Theorien der Sozialpsychologen wurden einerseits klarer und damit empirisch testbarer, und die Untersuchungen der höheren geistigen Leistungen mit den Methoden der modernen Gehirnforschung machen beim Sehen, Hören und Denken nicht halt, sondern lassen sich auch auf das Verstehen sozialer Zusammenhänge anwenden (vgl. hierzu Spitzer 2004e).

Eine der Ursachen dieser vergleichsweise extremen Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung – die häufigste Todesursache für Männer mittleren Alters in den USA ist Mord – ist das Fernsehen, bis heute das Bildschirm-Medium schlechthin. Dies ist keineswegs nur eine Vermutung oder unbewiesene Behauptung, sondern läßt sich aus der vorhandenen Datenlage ebenso klar ableiten, wie die TV-bedingten körperlichen Schäden. Und was nach dem Fernsehen kam – Filme auf Video, Computerspiele, interaktives, webbasiertes gegenseitiges Abschießen etc. – ist nicht besser, sondern schlimmer.

Wir haben im Hinblick auf die Umwelt erkannt, daß die Mechanismen des Marktes allein nicht ausreichen, um der Verschmutzung Herr zu werden. Die Auswirkungen der Bildschirm-Medien auf die Körper und Köpfe der Menschen sind aus der Sicht der Medizin und der Neurowissenschaft nicht weniger dramatisch. Es wird daher Zeit, daß wir über unsere visuell-geistige Diät und vor allem die unserer Kinder ernsthaft nachdenken. Wir dürfen nicht länger zuschauen.

Ich bin sehr froh darüber, Mitarbeiter und Freunde zu haben, die mir Arbeit abnehmen und zudem den großen Gefallen erweisen, sich mit meinen Gedanken auseinander zu setzen: Michael Fritz, Georg Groen, Katrin Hille, Thomas Kammer, Ulrike Mühlbayer-Gässler, Claudia Steinbrink und Katrin Vogt haben Teile des Manuskripts gelesen und mit mir diskutiert. Birgit Sommer half bei der Beschaffung und Ordnung der Literatur. Ohne die Hilfe von Bärbel Herrnb erger wäre das Buch ebenso wenig fertig geworden wie ohne die Hilfe meiner Frau. Für alle verbliebenen Fehler und unausgemerzten Verständnishürden bin allein ich selbst verantwortlich. Meine Kinder Ulla, Anja, Thomas, Stefan und Markus haben kräftig mitdiskutiert und meine arbeitsbedingte Abwesenheit (einschließlich der abwesenden Blicke, wenn ich körperlich anwesend war, aber an die Arbeit dachte) hoffentlich unbeschadet ertragen. Ihnen gilt mein ganz besonderer Dank!

Kinder am Bildschirm

Bildschirme versorgen uns also nicht einfach hin und wieder mit visuellen Informationen. Sie sind vielmehr für viele Menschen heute der Input Nummer eins. Dies trifft nicht nur für Erwachsene zu, deren Arbeitswelt von Bildschirmen nur so wimmelt, sondern auch für Kinder, die ihre Zeit vor allem vor dem unterhaltenden Bildschirm verbringen. "American children spend more time watching television and videotapes and playing videogames than doing anything else except sleeping", bemerkt hierzu lapidar ein US-amerikanischer Forscher (Robinson 1999, S. 1561). (Übersetzung: Amerikanische Kinder verbringen mehr Zeit mit Fernsehen und Videospielen als mit irgend etwas anderem, vom Schlafen abgesehen.)

Wie in den Kapiteln 3 und 4 genauer dargestellt werden wird, besteht eine wesentliche Funktion des Gehirns darin, Regelmäßigkeiten in der Erfahrung der Umgebung zu entdecken und zu repräsentieren (vgl. Spitzer 2002, 2004). Das Gehirn kann gar nicht anders! Einzelne Erfahrungen sind zufälliger Natur und langfristig wenig hilfreich. Demgegenüber sind Erfahrungen der Umgebung, die sich wiederholen und damit eher einem regelhaften Zusammenhang in der Welt entsprechen, dazu geeignet, uns in Zukunft besser in der Umgebung zurechtzufinden. Daher ist es wichtig, daß unser Gehirn genau diese Erfahrungen in sich aufnimmt und in Zukunft für das Handeln in der Welt verwendet. Das Gehirn bedient sich hierzu statistischer Lernprinzipien: Wir extrahieren die Mittelwerte (sowie Maße der Variabilität; vgl. Kording et al. 2004) von Variablen, die hinter einzelnen Ereignissen stecken, und formen hierdurch unser "Bild" der Welt, das nicht nur optisch gemeint ist und nicht einmal nur sensorisch, sondern auch kognitiv, emotional und motorisch. Wann immer wir Verhalten produzieren, greifen wir auf geschätzte wahre (Mittel-) Werte aus früheren Erfahrungen zurück.

Da frühe Erfahrungen aus mehreren Gründen besonders wichtig sind, sollte man darüber nachdenken, was es heißt, wenn die Erfahrungen junger Menschen zu einem nicht unwesentlichen Teil über Bildschirme und Lautsprecher erfolgen. Kinder sind – im Vergleich zu Erwachsenen – in vielerlei Hinsicht wesentlich formbarer. Damit geht leider auch das Risiko einher, daß sie durch ungünstige Einflüsse leichter verformbar sind als Erwachsene. Dies kann man ganz wörtlich nehmen: Wer vor dem Bildschirm sitzt, bewegt sich nicht und gerät aus der Form. Bei Kindern ist das Sitzen vor dem Bildschirm mittlerweile die wichtigste Ursache für Übergewicht, mit all den damit verbundenen ungünstigen körperlichen und seelischen Folgen (Kapitel 2). Wenn wir die Entwicklung so weiterlaufen lassen wie bisher, dann verursachen Bildschirme im Jahr 2020 hierzulande jährlich etwa 40.000 zusätzliche und vermeidbare Tote aufgrund von Herzinfarkten, Zuckerkrankheit und Schlaganfällen sowie Lungenkrebs. Diese Zahlen sind vorsichtig geschätzt, stellen also eher die untere Grenze dessen dar, womit man rechnen muß. Es kann deutlich schlimmer kommen.

Die leichte Verformbarkeit von Kindern betrifft Körper und Geist. Weil sich frühe Einflüsse auf ein Menschenleben über fast dessen gesamte Dauer auswirken, haben jegliche formende Erfahrungen umso größere Auswirkungen, je früher sie im Leben eines Menschen erfolgen. Wir sehen dies gleich im nächsten Kapitel: Wer als Kind dick ist, hat gute Chancen, als Erwachsener ebenfalls dick zu sein. Ist ein Lebensweg erst einmal eingeschlagen, so ist er im Erwachsenenalter nur noch schwer zu korrigieren. Man spricht heute zuweilen davon, daß auch das Fettgewebe eine Art Gedächtnis hat.

Die Auswirkungen von Bildschirm-Medien betreffen daher in erster Linie Kinder und Jugendliche. Hier sind die Effekte mit Abstand am stärksten, weil sie sich schon rein körperlich am längsten auswirken. Richtig wichtig wird die besondere Betrachtung von Kindern jedoch vor allem dann, wenn es um Geist und Gehirn geht. Hier kommen Entwicklungs-, Reifungs- und Lernprozesse hinzu, die bis zum Ende des zweiten Lebensjahrzehnts ineinander greifen.

Vor diesem Hintergrund gibt die folgende Tatsache zu denken: In den USA verbringen Zweijährige im Durchschnitt bereits zwei Stunden täglich vor dem Bildschirm. Sie werden also bereits sehr früh sehr heftig an das Medium Bildschirm gewöhnt. Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern ist jedoch der Ersatz von wirklicher Wahrnehmung durch den Bildschirm besonders problematisch. Die vom Bildschirm vermittelten Wahrnehmungserlebnisse sind von der normalen Wahrnehmung verschieden, und es ist dieser Unterschied in der Form der Wahrnehmungserlebnisse, der sich auf die Formung des kindlichen Geistes ungünstig auswirkt. Bildschirme können noch so bunt sein, das Bild ist flach und der Inhalt verglichen mit der Wirklichkeit arm, riecht nicht, schmeckt nicht und läßt sich nicht anfassen. Wenn kleine Kinder einen wesentlichen Teil ihrer Zeit vor dem Bildschirm verbringen, dann muß dies ungünstige Auswirkungen auf deren Entwicklung haben, wie in den Kapiteln 3 und 4 ausführlich diskutiert und mit Daten belegt wird.

Schulkinder und Bildschirm-Medien

Mit dem Fernsehen ist es wie mit Beton: Es kommt darauf an, was man draus macht. Man kann sich auf Tier- oder Kulturfilme beschränken und vor allem dafür sorgen, daß Kinder und Jugendliche mit dem Medium Fernsehen nur "wertvolle" Inhalte zur Kenntnis nehmen. Die Realität sieht jedoch anders aus. Wie sie genau aussieht, wird in Kapitel 5 anhand der wenigen guten Daten, die es für Deutschland gibt, diskutiert.

Fernsehen im Vorschul- und Schulalter wirkt sich nachteilig auf die Entwicklung der Fähigkeit des Lesens aus. Was man hierüber weiß und was man tun könnte, ist ebenfalls Gegenstand von Kapitel 5. Wieder kann man ausrechnen, daß wir im Jahr 2020 hierzulande aufgrund der Nutzung von Bildschirm-Medien jährlich mehrere zehntausend zusätzliche Fälle von Schulproblemen in Form von Aufmerksamkeits- und Lesestörungen haben werden, vorsichtig geschätzt, wenn wir nichts tun und die Dinge einfach so laufen lassen wie bisher.

Nicht erst seit den Ereignissen von Erfurt im April 2002 ist den Menschen bewußt, daß die Gewaltbereitschaft unter den Jugendlichen zunimmt. Bereits die in den USA während der Jahre davor aufgetretenen spektakulären Ausbrüche von Gewalt in Schulen machten deutlich, daß Gewalt im Leben der Schüler eine zunehmende Rolle spielt. Bei einer im Jahr 1993 in den USA durchgeführten Umfrage sagten 35% aller amerikanischen Schüler im 12. Schuljahr, sie würden nicht alt, denn sie glauben, vorher erschossen zu werden.

Weil die Bedeutung von Spielkonsolen und des Mediums Computer zunimmt und die Effekte dieser Spiele einerseits noch weniger untersucht sind, andererseits jedoch über die des Fernsehens nach den vorliegenden Daten hinauszugehen scheinen, werden in Kapitel 6 vor allem die Folgen der im Fernsehen dargestellten Gewalt besprochen. Wären Bildschirme nie erfunden worden, dann gäbe es allein in den USA jährlich etwa 10.000 Morde und 70.000 Vergewaltigungen weniger sowie 700.000 weniger Gewaltdelikte gegen Personen, wie schon Anfang der 90er Jahre der Epidemiologe Brandon Centerwall (1992, 1993) berechnet hat.

Überträgt man diese Zahlen auf Deutschland, so kann man wiederum davon ausgehen, daß wir mit den üblichen etwa zehn Jahren Verzögerung amerikanische Verhältnisse bekommen. Berücksichtigt man zweitens die Tatsache, daß die Auswirkungen des Medienkonsums mit einer Verspätung von 10 bis 15 Jahren manifest werden, so ergibt sich folgendes Bild: Wenn wir die Entwicklung so weiterlaufen lassen wie bisher, dann verursachen Bildschirme im Jahr 2020 hierzulande jährlich zusätzlich einige hundert Morde, einige tausend Vergewaltigungen und zehntausende von Gewaltdelikten gegen Personen. Ändern sich die politischen Verhältnisse und damit auch die kulturellen Gepflogenheiten zusätzlich (z.B. durch die Auswirkungen von Globalisierung und Migration), dann kann es auch deutlich schlimmer kommen.

Die erstaunlich rasche Verbreitung von Spielkonsolen und Computerspielen und die Folgen für die Spielenden sind Thema von Kapitel 7. Berichte über positive Auswirkungen halten einer kritischen Bewertung nicht stand. Man muß vielmehr davon ausgehen, daß in Computerspielen die Gewalt noch aktiver eingeübt wird als beim passiven Fernsehkonsum.

Es lohnt sich also, einmal darüber nachzudenken, was es bedeutet, daß Bildschirme unsere Wahrnehmungswelt verändert haben. Das Sehen stellt die mit Abstand wichtigste Modalität der Wahrnehmung dar. Bildschirme versorgen uns zunehmend mit visuellem Input, ersetzen also die wirkliche Welt als Wahrnehmungsgegenstand. Dies hat Konsequenzen – so die einfache These dieses Buches.

Diese Konsequenzen beziehen sich erstens auf die formalen Aspekte des Wahrgenommenen (ein Auto auf einem Bildschirm ist etwas anderes als ein wirkliches Auto), zweitens auf die über Bildschirm-Medien verbreiteten Inhalte (in Deutschland nach dem oben angeführten Spot des SWR beispielsweise 536 Morde pro Woche) und drittens auf die Veränderung unserer alltäglichen Lebensgewohnheiten (wir verbringen zehnmal mehr Zeit vor dem Bildschirm als mit körperlicher Bewegung an der frischen Luft). Man muß sich also fragen, warum wir – und vor allem, warum Kinder und Jugendliche – so sehr an den Bildschirmen kleben und was man tun kann, um die drohenden ungünstigen Entwicklungen zu verhindern (Kapitel 8).

TV-Teufelskreis: bewegen – zunehmend ungern

Aus mehreren Gründen wird durch das Fernsehen eine Art Teufelskreis angestoßen, aus dem sich Kinder und Jugendliche nur schwer befreien können. Wer vor dem Fernseher sitzt, bewegt sich nicht und nimmt zu. Wer dick ist, der bewegt sich ungern, weil das Bewegen zunehmend schwerfällt. So werden entsprechende Freizeitbeschäftigungen immer seltener ausgeführt, was zu noch mehr Fernsehkonsum führen kann, denn fernsehen kann auch der Dickste.

Hinzu kommt eine soziale Dimension des Teufelskreises: Fragt man ganz normale Kinder, mit wem sie gerne zusammen sind, so schneiden dicke Kinder schlechter ab als Kinder mit anderen Formen der Behinderung (Richardson et al. 1961; Goodman et al. 1963; Latner & Stunkard 2003). Und auch die Medien stoßen in dieses Horn: Eine Untersuchung von jeweils fünf Episoden der zehn meistgesehenen Fernsehserien zur besten Sendezeit (prime time) zeigte nicht nur, daß die dicken Jungen und Mädchen in den Medien im Vergleich zur wirklichen Welt deutlich unterrepräsentiert sind. Es wurde auch ersichtlich, daß den Dicken im Fernsehen im Vergleich zu den Schlanken negative Charaktereigenschaften zugeschrieben wurden. Sie verabreden sich nicht, werden als nicht attraktiv dargestellt, haben keine erotischen Beziehungen und werden nicht selten essend (um nicht zu sagen: "mampfend") dargestellt (Greenberg et al. 2003).

Kurz: Kinder mögen nicht mit Dicken zusammensein, denn Dicke, das weiß man sogar aus dem Fernsehen, sind irgendwie negativ. Das führt bei den dicken Kindern dann zu zunehmender sozialer Isolation, was wiederum den Fernsehkonsum – fernsehen kann man auch allein – fördert. Gerade von dicken Mädchen weiß man, daß sie auf ihren Körper mit sozialem Rückzug, Passivität und innerer sowie äußerer Isolation reagieren (Monello & Mayer 1963; Butor 2004).

Übergewicht bedingt zudem krankhafte Veränderungen im Bereich der Knochen und Gelenke und führt vor allem im Bereich der Füße, Knie- und Hüftgelenke zu Arthrosen (Günther 2004). Für übergewichtige Kinder gilt hier wiederum das oben Gesagte: Je länger die Gelenke überhöhte Lasten zu tragen haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß krankhafte (und vor allem schmerzhafte) Veränderungen in Erscheinung treten. Die Frau, die nach den Wechseljahren aufgrund geringeren Energieverbrauchs (aber gleicher Eßgewohnheiten) zunimmt, hat vielleicht Glück und erlebt ihre Arthrose nicht mehr. Diese Hoffnung kann das dicke Mädchen, das vier bis fünf Stunden täglich vor dem Bildschirm sitzt, nicht hegen.

Alters-Diabetes – bei Kindern

Zu den besorgniserregendsten Trends, die in den letzten Jahren von der modernen Medizin festgestellt wurden, gehört die starke Zunahme des so genannten Typ-II-Diabetes bei Kindern. Dies ist deswegen so ungewöhnlich, weil es sich hierbei zwar um die häufigste Form der Zuckerkrankrankheit handelt, die jedoch bislang vor allem bei älteren Menschen auftrat und daher früher auch Altersdiabetes genannt wurde (Bühler et al. 2004; Saenger 2004). Warum erkranken heute in der westlichen Welt so viele Kinder und Jugendliche an Altersdiabetes?

Eine indische Studie an 1.492 Männern und Frauen im Alter von 26 bis 32, die von Geburt an alle sechs Monate gewogen und gemessen wurden und bei denen im Erwachsenenalter die Neigung zu erhöhtem Blutzuckerspiegel (mittels Glukosetoleranztest) bzw. eine bestehende Zuckerkrankheit festgestellt wurde, ergab wertvolle Hinweise (Bhargava et al. 2004): Steigt der BMI bereits in der frühen Kindheit (im Alter von zwei Jahren) stärker an als üblich, besteht trotz weiterhin vorhandenem Normalgewicht eine größere Wahrscheinlichkeit, später an einer Zuckerkrankheit zu erkranken. Die Autoren interpretieren daher das starke Ansteigen des Typ-II-Diabetes in Indien als Folge des übermäßig starken Anstiegs des BMI der Betroffenen im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren. Sie halten es daher für wichtig, daß Kinder nach dem zweiten Lebensjahr vor überdurchschnittlich starkem Anstieg des BMI bewahrt werden.

Vor diesem Hintergrund gewinnen Tabellen wie die in Abbildung 2.2 dargestellte eine besondere Bedeutung: Aus ihnen läßt sich für ein Kind jeden Alters ablesen, ob es sich im Vergleich zu den Daten anderer Kinder seiner Altersklasse auf einer ungünstigen Entwicklungslinie befindet. Hierbei ist nach neueren Erkenntnissen zusätzlich noch die ethnische Herkunft des Kindes von Bedeutung, denn diese bestimmt das Risiko, bei einem bestimmten Ausmaß an Übergewicht an Typ-II-Diabetes zu erkranken, ganz wesentlich mit.

Übergewicht wird sich demnach in China oder einigen afrikanischen Ländern mit wirtschaftlichem Aufschwung negativer auf die Lebenserwartung auswirken als hierzulande.

Mit zwei Jahren zwei Stunden vor dem Bildschirm

Das wesentliche Ergebnis der Untersuchung, die mit einem Fehler von maximal 3% behaftet ist (Fehlerwahrscheinlichkeit), läßt sich wie folgt zusammenfassen: Selbst im Säuglingsalter sind die jungen Amerikaner schon für einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer wachen Zeit mit elektronischen Medien konfrontiert. Kinder unter sechs Jahren verbringen im Durchschnitt etwa zwei Stunden (genau: eine Stunde und 58 Minuten) täglich vor dem Bildschirm des Fernsehers, Computers oder Videospielgeräts. Dies entspricht ziemlich genau der Zeit, die sie mit Spielen im Freien verbringen (zwei Stunden und eine Minute täglich).

Man könnte dies nun für einen Fortschritt halten, und viele Amerikaner tun dies ganz offensichtlich, wie die Autoren der Studie in ihrer Diskussion der Daten hervorheben.
Der Kleine soll es einmal besser haben als wir, soll gleich von Anfang an mit dem Computer (der uns so viel Angst und Ärger gemacht hat) umgehen lernen und damit nicht zuletzt in der Schule und im späteren Leben den besten Start haben.

So oder so ähnlich scheinen viele zu denken. Und schaut man sich auf Bildungsmessen oder in entsprechenden Internetforen um, dann ist diese Meinung nicht nur jenseits des großen Teichs weit verbreitet.

Die Autoren der Studie heben das folgende Ergebnis ganz besonders hervor: Betrachtet man einmal nur die Zweijährigen, so zeigt sich, daß diese im Durchschnitt bereits zwei Stunden täglich vor einem Bildschirm verbringen. Da Zweijährige acht bis 13 Sunden täglich schlafen, folgt, daß 13 bis 22% ihrer Erfahrungen im wachen Leben nicht in der Welt mit Objekten und Szenen vonstatten gehen, sondern am Fernseher oder Computer.

Der Knopf zum Einschalten, die Maus und die Tastatur werden den Kleinen bald ebenso zur Selbstverständlichkeit wie Kuscheldecke und Teddybär. Aber ist damit auch automatisch ein Fortschritt in der intellektuellen Entwicklung verbunden? An Bildschirmen und Lautsprechern gemachte Erfahrungen sind anders als Erfahrungen mit den Dingen in der wirklichen Welt, denn in den genannten Medien ist die visuelle und die akustische Information entkoppelt dargeboten. Es rattert nicht genau dort und meistens nicht genau dann, wo und wann sich etwas bewegt.

Um zu verstehen, was dies für die kindliche Entwicklung und insbesondere für die Entwicklung des Gehirns bedeutet, muß man einige grundlegende Vorgänge der Entwicklung, der Reifung und des Lernens kennen. Insbesondere muß klar werden, wie das Kind die komplexe Welt erlebt und wie es sich gleichsam in diese hineinentwickelt. Ist man erst einmal erwachsen, ist es egal, wann und woher Bild und Ton kommen; wir basteln uns die Welt so zurecht, wie wir sie kennengelernt haben. Bei Kindern ist das anders. Betrachten wir sie daher genauer und werfen in diesem Kapitel zunächst einen Blick auf die Funktionsweise des Gehirns ganz allgemein und dann auf einige Gesichtspunkte von dessen Entwicklung. Für den uneingeweihten Leser mag dies mühsam sein, aber ohne diesen Hintergrund kann man über die Auswirkungen des Bildschirm-Medienkonsums etwa so sinnvoll diskutieren, wie man ohne Anatomie operieren oder ohne Aerodynamik Flugzeuge bauen kann. Die Mühe loht sich, versteht man doch nicht nur Kinder besser, sondern auch sich selbst.

Neuronen im Gehirn

Das menschliche Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen, den Neuronen. Jede von diesen steht mit bis zu 10.000 anderen Nervenzellen in Kontakt. Die Aufgabe des Gehirns ist es, Informationen aus der Umgebung aufzunehmen, zu verarbeiten und Reaktionen zu produzieren, die für den Organismus günstig sind. Gehirne sind zum Überleben gut. Sie machen ihre Sache offensichtlich sehr ordentlich, denn im Laufe der Evolution sind die Gehirne deutlich gewachsen, obwohl sie rein energetisch einen Luxus darstellen: Wer heute Energie braucht, der geht an den Kühlschrank; vor 100.000 Jahren jedoch mußte man hierzulande z.B. Bucheckern sammeln. Weil das Gehirn 20% der aufgenommenen Energie verbraucht (obwohl es bei einem 70kg schweren Menschen nur 2% des Körpergewichts ausmacht; Shulman et al. 2004), mußten also die Menschen in grauer Vorzeit 20% länger sammeln. Hätten sie ein kleines Gehirn gehabt, hätten sie diese Zeit anders nutzen können. Aber offensichtlich war das Gehirn so wichtig für das Überleben, daß dessen Nachteile weniger schwer wogen als die Vorteile. Was sind dessen Vorteile?

Kommt der Säbelzahntiger von links, rannten unsere Vorfahren nach rechts (von den anderen stammen wir nicht ab!). Das setzt voraus, daß sie den Säbelzahntiger rechtzeitig erkannten, z.B. bereits dann, wenn sie nur ein leises Rascheln hörten und/oder nur ein paar Streifen hinter dem dritten Busch links gesehen hatten. Dies wiederum setzt voraus, daß sie in der Lage waren, genau wahrzunehmen und das Wahrgenommene nicht nur einzeln zu speichern, sondern vor allem zueinander in Beziehung zu setzen und das Wesentliche daraus zu destillieren und zu speichern. Kurz: Weil sowohl Nahrung als auch Feinde auf der Welt verschieden sind, weil es Löwen und Eisbären, Forellen und Kugelfische, Blaubeeren und Vogelbeeren, Süßkirschen und Tollkirschen gibt, haben die Besitzer großer Gehirne einen großen Vorteil.

Neuronen unterscheiden sich von anderen Zellen des Körpers dadurch, daß sie für etwas stehen. Man sagt auch: Sie repräsentieren etwas. Betrachten wir ein Beispiel: Ich berühre eine Bleistiftspitze mit meinem linken Zeigefinger. Dort werden von kleinen Tastorganen Impulse generiert, die entlang von Nervenfasern ins Gehirn laufen. Dort verzweigt sich die Nervenfaser und hat mit mehreren tausend Neuronen, die in der Gehirnrinde (dem Kortex) sitzen, Kontakt. Der im Zeigefinger generierte Impuls erreicht also viele Neuronen im Kortex. Die Verbindungen von den verzweigten Nervenfasern zu den vielen Neuronen sind jedoch nicht alle gleich stark, so daß manche Impulse einen stärkeren Effekt an den Neuronen haben als andere. Sofern ein Neuron durch einen Impuls vom linken Zeigefinger erregt wird, weil die Verbindung sehr stark ist, sagen wir, daß dieses Neuron den linken Zeigefinger (bzw. einen kleinen Teil von dessen Oberfläche) repräsentiert.

Eine Berührung des kleinen Fingers wird ebenfalls dazu führen, daß Impulse den Kortex erreichen. Wieder sorgen die unterschiedlich starken Verbindungen dafür, daß nicht das gleiche Neuron wie bei Berührung des Zeigefingers, sondern ein anderes aktiv wird. Weil also die Verbindungen zwischen eingehenden Fasern und Neuronen unterschiedlich stark sind, können Nervenzellen Unterschiedliches repräsentieren. Es lohnt sich also, diese Verbindungen – man nennt sie Synapsen – etwas genauer zu betrachten.

Gehirnentwicklung und Werbung

Im Jahr 1915 war es durchaus möglich, daß man über Wochen keine Anzeige sah. Heute sieht der durchschnittliche Erwachsene jeden Tag dreitausend.
Diese in einem Buch über Werbung zu findende Bemerkung (Twitchell 1996, S. 2) mag verdeutlichen, wie sehr sich unsere Wahrnehmungswelt durch Werbung verändert hat. Der in den USA betriebene finanzielle Werbeaufwand betrug 1915 eine Milliarde Dollar, im Jahr 1993 waren es dagegen 140 Milliarden.

Werbung begegnet uns nicht nur auf Bildschirmen, sondern überall: auf Plakaten und im Radio, auf T-Shirts, Autos und Müsli-Packungen. Sie begleitet uns von der Wiege bis zur Bahre, bis zum Erbrechen – man findet sie tatsächlich auch auf den in Passagierflugzeugen für diesen Fall vorgehaltenen Beuteln! Wenn an dieser Stelle von Werbung die Rede ist, dann geschieht dies aus dem Grund, daß ein großer Teil der Werbung über Bildschirm-Medien läuft, Werbung also neben Gewalt (vgl. Kapitel 6) zu den wesentlichen Inhalten gehört, die über Bildschirme transportiert werden.

Zugegeben: Wir hätten Werbung auch ohne Bildschirme, aber wir hätten weniger davon, sie wäre anders und vielleicht auch nicht so wirksam. Nicht von ungefähr investieren Auftraggeber sehr große Summen in die Fernsehwerbung und von Jahr zu Jahr deutlich steigende Beträge in die Werbung über das Internet. Die Ausgaben für Fernsehwerbung in Deutschland stiegen von etwa drei Milliarden Euro im Jahr 1992 auf knapp acht Milliarden im Jahr 2000 (nach Schierl 2003, S. 33). Die Anzahl der Werbespots nahm noch stärker zu.

Dieses Kapitel geht den Auswirkungen der Werbung über Bildschirm-Medien vor dem Hintergrund der Entwicklung des kindlichen Organismus – vor allem des kindlichen Gehirns – nach. Hierzu werden zunächst einige Fakten zur wirtschaftlichen Bedeutung von Kindern und Jugendlichen als Kaufkraftpotential, zur Werbung und zur Fernsehwerbung dargestellt. Daran anschließend geht es um Aspekte der Entwicklung des menschlichen Gehirns. Vor diesem Hintergrund wurde Werbung bislang praktisch nicht betrachtet, waren doch Ökonomie und Soziologie die wissenschaftlichen Disziplinen, in deren Kontext Werbung diskutiert wurde.

Kinder als Kunden

Erst seit weniger als zwei Jahrzehnten macht man sich über die Tatsache Gedanken, daß Kinder in zunehmendem Maße wirtschaftliche Bedeutung erlangen. Zahlen von Anfang der 90er Jahre besagen, daß Kinder allein in den USA über neun Milliarden Dollar Kaufkraft verfügten und über weitere 130 Milliarden Dollar zumindest beim Kauf mitentschieden.

Auch in Deutschland sind Kinder eine lukrative Zielgruppe wirtschaftlicher Interessen. Nach den Daten des Instituts für Jugendforschung aus dem Jahr 1993 verfügten die Sieben- bis Zwölfjährigen jährlich über 5,6 Milliarden DM (Taschengeld, Geldgeschenke etc.) und konnten über weitere Kaufkraft von gut zehn Milliarden DM mitentscheiden (Neumann-Braun & Erichsen 1995). Jüngere Zahlen aus dem Jahr 2000 (zitiert nach Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 652) nennt die Kids-Verbraucher-Analyse: Den etwa 10 Millionen deutschen Kindern im Alter von sechs bis 17 Jahren steht danach eine Kaufkraft von 19,1 Milliarden DM zur Verfügung.

Werbesendungen für Kinder lohnen sich daher auch hierzulande: 20% der gesamten Werbung ist an Kinder adressiert. Nach einer Untersuchung des Programms von ARD und ZDF sowie sechs großer kommerzieller Sender lag die Anzahl der verschiedenen Kinderwerbespots an einem Tag im Juni 1993 bei 246, an einem Tag in der Vorweihnachtszeit (November 1993) jedoch bei 415 (Aufenanger 1995). An einem repräsentativen Tag am Wochenende wurden 1993 vom deutschen kommerziellen Sender RTL etwa 210 Werbespots für Kinder ausgestrahlt. Auf die anderen kommerziellen Sender (SAT 1, PRO 7, RTL 2 und Kabelkanal) und ein Jahr hochgerechnet entspricht dies etwa 900 Stunden Kinderwerbung (Neumann-Braun & Erichsen 1995).

Im Hinblick auf die Werbeeinnahmen des Jahres 2000 ist das Fernsehen mit 4,7 Milliarden Euro nach den Tageszeitungen (6,6 Milliarden Euro) das Medium mit dem zweithöchsten Umsatz (Schierl 2003). Zieht man jedoch bei den Zeitungen die Kleinanzeigen ab und bedenkt man zudem, daß sie Kinder und auch Jugendliche kaum erreichen, so ist das Fernsehen das Medium schlechthin für an junge Menschen gerichtete Werbung.

In seinem Handbuch für an Kinder gerichtetes Marketing (ja, so etwas gibt es!) gibt James McNeal eine auf die USA bezogene Übersicht zur geschichtlichen Entwicklung von Kindern als Kunden, die letztlich erst etwa zwei Jahrzehnte umfaßt, deren Wurzeln jedoch weiter zurückgehen. Der Baby-Boom nach dem zweiten Weltkrieg und die Einführung des Fernsehens in den 50er Jahren trugen hierzu ebenso bei wie der zunehmende Wohlstand in den 60er Jahren. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre betrug die Kaufkraft der Kinder zwei Milliarden Dollar. Die 70er Jahre waren dann einerseits durch die vergleichsweise wohlhabenden Kinder der Baby-Boom-Generation gekennzeichnet, auf die andererseits die Wirtschaft durch die Einführung neuer Produkte und Serviceleistungen speziell für Kinder reagierte. In den 80er Jahren kulminierte diese Entwicklung dann in einer regelrechten Explosion der Produkte und Programme für Kinder. Sie erhielten ihre eigenen Radio- und Fernsehprogramme, Geschäfte (GapKids oder Toys "R" US) und mit der First Children’s Bank in den USA sogar ihre eigene Bank.

Die 90er Jahre zeigten, daß die beschriebene Entwicklung nicht nur für die USA gilt, sondern im Wesentlichen auch auf Deutschland übertragbar ist, wenn auch mit einer Verzögerung von zehn bis 15 Jahren. Vor dem gesamtgesellschaftlichen Hintergrund der Abnahme der Kinderzahl pro Familie und der Zunahme der Anzahl der alleinerziehenden Mütter oder Väter, der Familien, in denen beide Eltern berufstätig sind, und der Verschiebung der Familienphase um einige Jahre nach hinten ergibt sich insgesamt eine deutliche Zunahme und Altersvorverlegung der wirtschaftlichen Macht und Verantwortung von Kindern. Weniger Kinder pro Elternteil, weniger Eltern pro Kind und Abwesenheit der Eltern tagsüber bedeuten konkret, daß das Kind einkauft, eher die Rolle eines Partners hat, damit zu Kauf-Entscheidungen stärker beiträgt und mehr Kaufkraft auf weniger Kinder verteilt wird (McNeal 1992).

Kinder und Werbung

In Japan werden Kinder bereits mit wenigen Monaten vor den Bildschirm gesetzt. Sie verstehen das Programm und damit auch die Werbung sicherlich nicht, werden aber vielleicht in ihrer Erfahrung wirklicher Welt gehindert, wie im letzten Kapitel diskutiert. Schon vor Vollendung des zweiten Lebensjahrs beginnen Kinder jedoch damit, Packungen im Supermarkt mit Werbespots in Verbindung zu bringen. Kein Wunder: Sobald Kinder gerade sitzen können, erleben sie den Supermarkt auf dem speziell für sie konstruierten Sitz auf dem Einkaufswagen gleichsam aus der Ego-Shooter-Perspektive. Prominenter kann man Kleinkinder nicht platzieren, um ihnen die Wunderwelt des Konsums im frühestmöglichen Alter gleichsam noch mit der Muttermilch einzuflößen.

Es wundert daher auch nicht, daß Kleinkinder früh lernen, die Eltern zum Kauf dieses oder jenes Produkts zu bewegen: Welche Mutter hätte noch nicht erlebt, wie der kleine süße Zwerg im Supermarkt plötzlich in Anbetracht irgendeiner Süßigkeit oder eines Spielzeugs zum Monster mutiert, sich schreiend auf den Fußboden wirft und massiv Druck im Hinblick auf Kaufentscheidungen ausübt? Und welcher Vater würde bei einem Kullertränchen, das über die Wange der kleinen Prinzessin rollt, nicht weich?

Mit drei bis vier Jahren laufen Kinder selbständig neben dem einkaufenden Erwachsenen her, erkennen die meisten Marken und treffen teilweise eigenständige Entscheidungen bezüglich dessen, was sie haben wollen. Dennoch können Kinder unter fünf Jahren kaum die Absicht der Werbung erfassen. Erst mit etwa sieben Jahren ist ihnen klar, daß durch Werbespots etwas verkauft werden soll. Dies ist auch das Alter, in dem sie damit beginnen, nicht nur etwas haben zu wollen, sondern auch dafür bezahlen zu können. Die meisten Kinder bekommen etwa mit dem Eintritt in die Schule ihr erstes Taschengeld, und nicht umsonst wird das Addieren und Subtrahieren gerne am Beispiel von Geld geübt. Mit fünf bis sieben Jahren machen Kinder zudem ihre ersten Einkäufe ohne Begleitung der Eltern, was für sie ein heftiges positives emotionales Erlebnis darstellt.

Erst ab dem Alter von elf oder zwölf Jahren sind Kinder dazu in der Lage, die strategischen Absichten der Werbung auf sich selbst zu beziehen (McNeal 1992; Neumann-Braun et al. 1995). Von kritischer Distanz kann allerdings im Kindesalter noch keine Rede sein: Fast Dreiviertel der in einer Studie von Donahue und Mitarbeitern (1978) befragten Kinder meinten, daß das Essen in Fast-Food-Restaurants besser sei als das zu Hause.

Kinder versus Erwachsene

Das Verhältnis erwachsener Menschen zur Werbung ist – im Prinzip wenigstens – relativ einfach und einigermaßen klar: Es werden Produkte angepriesen, vielleicht werden Informationen übermittelt, sicher werden Bedürfnisse geweckt. Der mündige Bürger kann hieraus für sich Kaufentscheidungen ableiten oder es auch sein lassen. Zwar hat die Forschung gezeigt, daß Werbung auch dann wirkt, wenn man ihr gegenüber kritisch eingestellt ist (vgl. z.B. Brosius & Fahr 1996). Jeder Erwachsene kann jedoch dafür sorgen, daß er bei Werbung erst gar nicht hinsieht; er kann aktiv Werbeaussagen kritisch hinterfragen und dadurch verhindern, daß er der Werbung passiv ausgeliefert ist.

Bei Kindern und Jugendlichen ist dies prinzipiell anders. Solange sich das Gehirn in Entwicklung befindet, sind noch nicht alle Funktionen vorhanden, die wir bei einem mündigen, selbstverantwortlichen Erwachsenen voraussetzen. Entsprechend können Kinder weder Geschäfte noch sich strafbar machen, und bei Jugendlichen ist beides eingeschränkt. Aus dieser Sicht ist speziell an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung problematisch. Man könnte nun argumentieren, daß junge Menschen an das Geschäftsleben genauso wie an verantwortliches Handeln herangeführt werden müssen und daß dies nur geht, wenn man ihnen vertraut und sie machen (d.h. handeln) läßt. Sie sollten also kleine Geschäfte ebenso wie kleine Entscheidungen selber ausführen dürfen. Vor diesem Hintergrund – so könnte man argumentieren – ist auch an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung Teil ihres Hineinwachsens in die Welt. Wie dieses Kapitel zeigen soll, macht man es sich mit dieser Sicht der Dinge zu leicht. Will man die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen besser verstehen und die richtigen Konsequenzen daraus ableiten, muß man einige Prinzipien der Entwicklung des Gehirns – im Lauf der Evolution (phylogenetisch) und im Lauf des individuellen Heranwachsens (ontogenetisch) – kennen.

Vom Reflex zur Informationsverarbeitung

Wenn wir die heiße Herdplatte berühren, dann ziehen wir die Hand ohne weiteres Nachdenken zurück. Dies geschieht automatisch, durch einen Reflex. Der bekannteste Reflex ist wahrscheinlich der Kniesehnenreflex: Ein kleiner Schlag unterhalb der Kniescheibe des gebeugten Knies läßt den Unterschenkel in die Höhe schnellen. Dieser Reflex wird durch nur zwei Typen von Neuronen bewerkstelligt: Für den Input sorgen Dehnungsmelder im Muskel des Oberschenkels, der eine Streckung des Kniegelenks bewirkt. Die Impulse der Dehnungsmelder werden von sensorischen Fasern (die Neuronen sitzen seitlich des Rückenmarks) direkt zu Neuronen im Rückenmark geleitet: Hier erreichen die Impulse über einen synaptischen Schritt motorische Neuronen, deren Output wiederum den Oberschenkelstreckmuskel aktiviert.

Wie in der Abbildung 4.2 schematisch dargestellt, ist die neuronale Maschinerie des Kniesehnenreflexes sehr einfach. Sie besteht aus Input-Neuron und Output-Neuron, arbeitet deswegen sehr schnell. Bei einfachen Organismen wie z.B. einigen Quallen funktioniert die gesamte neuronale Steuerung auf diese Weise: Es gibt – wie beim Kniesehnenreflex – nur zwei Neuronentypen, eines für sensorischen Input und eines für motorischen Output. Daß sich diese Art der Verschaltung auch beim Menschen in Form der Muskeleigenreflexe noch findet, zeigt, wie wichtig automatische und schnelle Prozesse auch bei uns sind.

Von besonderer Bedeutung für die weitere Entwicklung von Nervensystemen mit der Fähigkeit, Aspekte der Außenwelt in sich aufzunehmen und zu speichern, war der Schritt zu einem weiteren dritten Neuronentyp zwischen Input-Neuron und Output-Neuron. Man kann ganz allgemein zeigen, daß Neuronennetzwerke erst ab drei Schichten (Input – Zwischenschicht – Output) bestimmte kompliziertere Leistungen der Informationsverarbeitung vollbringen können (vgl. Spitzer 1996, insbesondere Kapitel 6). Daher wundert es nicht, daß die Entwicklung der Gehirne im Laufe der Evolution durch die Zunahme der Größe und Zahl der Neuronenschichten zwischen Input und Output charakterisiert ist.

So betrachtet verkörpert das Gehirn des Menschen das Prinzip der Zwischenschicht in extremer Weise: Die meisten Neuronen der Großhirnrinde erhalten ihren Input von anderen Neuronen der Großhirnrinde und senden ihren Output zu anderen Neuronen der Großhirnrinde. Nur wenige haben (mehr oder weniger direkte) Verbindung nach "draußen". Überspitzt ausgedrückt: Unser Gehirn beschäftigt sich fast ausschließlich mit sich selbst. Dies tut es, wie im letzten Kapitel gesehen, um aus einzelnen Erfahrungen allgemeine Strukturen der Umwelt zu ermitteln, um regelhafte Zusammenhänge der Umgebung in sich abzubilden und um damit in kompetenter Weise ein differenziertes Verhaltensrepertoire geschickt einzusetzen, kurz, um komplexe Input-Output-Funktionen zu realisieren.

Was Bilder im Gehirn bewirken

Betrachten wir abschließend ein weiteres Beispiel zur Ablösung bloßer Meinungen durch empirische Forschungsergebnisse: Der italienische Schriftsteller und Sprachforscher Umberto Eco sagt:

Jeder Text eröffnet eine Vielzahl von Lesarten. (zit. nach Lukesch et al. 2004, S. 261)

Wer daraus jedoch folgert, eine Sendung sei nur der Anlaß zu Wahrnehmungen, die bei jedem Menschen völlig anders seien, weswegen man im Grunde gar nicht von den objektiven Effekten der Medien sprechen könne, weil diese auf jeden Menschen anders wirkten, hat unrecht.

Solche Argumente werden nicht selten unter Berufung auf den so genannten radikalen Konstruktivismus angeführt, einer Richtung des Theoretisierens, deren philosophische Schwächen hier nicht weiter erörtert werden sollen. Gewiß haben unsere Vorerfahrungen einen Einfluß auf unsere Wahrnehmungserlebnisse (wie schon mehrfach dargestellt), sie bestimmen sie jedoch nicht völlig.

Hierzu gibt es Daten auf mehreren Ebenen, und das ist das wirklich Neue in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion: Noch vor zehn Jahren konnte man nur sozialpsychologisch vorgehen, Versuchspersonen die Zeitung lesen lassen und finden, daß alle einigermaßen das Gleiche verstanden haben (Kepplinger et al. 1995).

Heute kann man Versuchspersonen in einen Scanner legen und mittels des bildgebenden Verfahrens der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) nachweisen, daß die Gehirne verschiedener Personen beim Betrachten eines Kinofilms sehr ähnlich reagieren. Hasson und Mitarbeiter (2004) legten Versuchspersonen in einen Magnetresonanztomographen und zeigten ihnen einen 30-minütigen Ausschnitt des Western-Films Zwei glorreiche Halunken. Die Versuchspersonen brauchten nichts weiter zu tun, als sich den Film anzuschauen und danach zu sagen, worum es geht. Die Autoren analysierten ihre Daten, indem sie die Gehirne der Versuchspersonen im Computer so verformten, daß sie auf ein Standard-Gehirn paßten, so daß sie vergleichbar wurden. Dann wählten sie jeweils ein Gehirn aus und korrelierten dessen Aktivierung über die Zeit Punkt für Punkt mit den anderen Gehirnen. Man benutzte also den zeitlichen Verlauf der Aktivierung an jeder einzelnen Stelle des Gehirns einer Person zur Voraussage des Verlaufs der Aktivierung in den anderen Gehirnen an der gleichen Stelle. Die Frage, die sich mit Hilfe eines solchen Verfahrens beantworten läßt, ist etwa diejenige: Macht das gleiche visuelle Material mit allen Menschen das Gleiche oder ist die Wahrnehmung (des gleichen Films) hochgradig durch individuelle Wahrnehmungsgewohnheiten geprägt? Es zeigte sich, daß ein knappes Drittel der Gehirnrinde (29%) eine hoch signifikante intersubjektive Korrelation aufwies. Insbesondere zeigte sich auch, daß die Korrelationen nicht nur in den – erwarteten – primären sensorischen Arealen zu finden waren, sondern weit über diese hinausgingen und sekundäre sensorische sowie multimodale Assoziationsareale einschließlich kognitiver und emotionaler Areale umfaßten.

Diese starke Korrelation zwischen den Versuchspersonen zeigt, daß trotz des völlig freien Sehens dynamischer komplexer Szenen einzelne Gehirne in synchronisierten raum-zeitlichen Mustern "zusammenticken", wenn sie der gleichen visuellen Umgebung ausgesetzt werden. (Hasson et al. 2004, S. 1635; Übersetzung durch den Autor)
Weitere Analysen zeigten, daß die gemeinsame Aktivierung auf zwei Ursachen zurückzuführen war: zum einen auf eine unspezifische Aktivierung bei entsprechenden Szenen und zum anderen auf eine für bestimmte Bereiche des Gehirns spezifische Aktivierungskomponente. Das Gesichter verarbeitende Areal war beispielsweise bei allen Personen immer dann aktiv, wenn ein Gesicht zu sehen war.

Es konnte in dieser Untersuchung also gezeigt werden, daß verschiedene Menschen auf die gleichen komplexen Stimulationsbedingungen nicht nur in einfachen (unimodalen sensorischen) Bereichen der Gehirnrinde ähnlich reagieren, sondern auch in komplexeren Rindenarealen, die an höheren geistigen Leistungen wie Denken, Bewerten oder Entscheiden beteiligt sind (vgl. hierzu auch Spitzer 2004). Menschen sind durchaus verschieden; aber nicht ganz so verschieden, als daß man nicht wüßte, was in ihren Köpfen beim Betrachten eines Westernfilms geschieht.

Kinder und Kinderprogramm

Kinder sind zum Lernen geboren, lernen schneller als Erwachsene und lernen vor allem die regelhaften Zusammenhänge anhand erlebter oder gesehener Beispiele. Gelernt wird eben nicht nur in der Schule, sondern immer (Spitzer 2002), auch und gerade von kleinen Kindern und auch vor dem Fernseher. Dies gilt selbstverständlich auch für das Betrachten von Gewaltfilmen: Wer Gewaltfilme sieht, der lernt Gewalt.

Es ist wie beim Spracherwerb oder beim Betrachten von Gesichtern, Schmetterlingen, Briefmarken, Autos oder Pilzen: Wer jeweils Tausende gesehen hat, der wird zum Experten, nimmt differenzierter wahr, kennt sich aus und weiß, worauf es ankommt. Dies gilt auch für denjenigen, der im Fernsehen Gewalt sieht. Er wird nicht nur zum Gewaltfilmexperten; er wird auch Gewalt im realen Leben zunehmend und differenzierter wahrnehmen. Vor allem aber wird das Gelernte sein Verhalten beeinflussen und damit nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das der Mitmenschen bis hin zum sozialen Leben in der gesamten Gemeinschaft.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – sagt der Volksmund. Und Recht hat er. Kinder lernen schneller als Erwachsene, und dies gilt auch für das Lernen von Gewalt vor dem Fernsehapparat. Ganz verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, daß die Lerngeschwindigkeit des einfachen, nicht an bereits vorhandene Strukturen anknüpfenden Lernens (der Neuroplastizität; vgl. die Kapitel 3 und 4) mit zunehmendem Alter abnimmt.

Es wundert daher nicht, daß nach den oben angeführten Metaanalysen vor allem kleine Kinder besonders stark beeinflußbar sind: Die Auswirkungen des Sehens von Gewalt auf reale Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit (Effektstärke) erwiesen sich in dieser Gruppe als am größten.

Nicht selten wird behauptet, daß nur kleine Kinder durch Medien beeinflußbar seien, weil nur diese noch nicht zwischen Fiktion und Realität unterscheiden könnten. Wer dies glaubt, sei zunächst daran erinnert, daß alle Medien davon leben, daß sie uns faszinieren, wir in sie eintauchen können und sie uns fesseln. Wenn ein Autor, Film- und Fernsehmacher oder Computerspieleprogrammierer dies nicht schafft, ist er schlecht. Die Tatsache, daß sich nicht wenige Erwachsene an Schauspieler wenden und um Rat in Lebensfragen nachsuchen, ganz als ob dieser Schauspieler nicht nur die Rollen des Vaters, Arztes oder Ratgebers spielt, sondern in der Realität auch verkörpert, verdeutlicht zudem das Verwischen der Grenzen zwischen Fiktion und Realität sogar beim Erwachsenen.

Richtig ist, daß Kinder erst ab etwa dem achten Lebensjahr zwischen Realität und Phantasie unterscheiden können, etwa im gleichen Alter, in dem sie auch zwischen normalem Programm und Werbung unterscheiden. Zu bedenken ist daher, daß gerade bei Vorschul- und Grundschulkindern die Auswirkungen des Konsums medialer Gewalt besonders groß sind. Sie lernen ohnehin am schnellsten und können zudem nicht zwischen virtueller und realer Gewalt unterscheiden. Bedenkt man nun noch, daß kindliche Aggressivität der beste Prädiktor für Aggressivität im Erwachsenenalter ist, dann wird die Tragweite des Konsums von Bildschirm-Medien über mehrere Stunden täglich deutlich.

Schließlich sei nochmals Folgendes festgehalten: Wer behauptet, daß Gewalt im speziellen Kinderprogramm harmlos sei, da sie vor allem in Form von Trickfilmen und Comicsendungen auftrete, der wird durch die diesbezüglichen Untersuchungen eines Besseren belehrt: Sofern die Metaanalysen Effektstärken nach Programmtypen differenziert betrachteten, haben sie gezeigt, daß Kartoon- und Comicfilme etwa so effektiv in der Vermittlung von Gewaltverhalten sind wie das direkte reale Vormachen.

Gewaltdarstellungen schaden Jungen und Mädchen

Im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Gewalt im Fernsehen und realer Gewalt wurde nicht selten argumentiert, daß sich die empirisch gewonnenen Daten nur auf Jungen bezögen, nicht aber auf Mädchen. Dieser Befund wiederum wurde dann dazu verwendet, um zu behaupten, daß die These, Gewalt könne durch das Fernsehen hervorgerufen werden, falsch sein müsse. Auch Mädchen müßten dann gemäß der These durch Fernsehen gewalttätig werden. Deshalb führe Gewalt in Bildschirm-Medien nur bei demjenigen zu vermehrter realer Gewalt, der bereits eine Tendenz zur Gewaltbereitschaft aufweise. Wer umgekehrt (wie beispielsweise Mädchen) diese Tendenz also nicht schon in sich habe, den würde auch die Gewalt in den Medien nicht verderben (vgl. Eggers 1990).

In Bezug auf diese Argumente ist eine Untersuchung an 707 Familien mit einem Kind im Alter von einem Jahr bis zehn Jahren von Bedeutung (Johnson et al. 2002). Mütter und Kinder wurden im Hinblick auf Fernsehgewohnheiten und aggressive Verhaltensweisen untersucht. Die Familien wurden zufällig aus zwei Landkreisen im nördlichen Staat New York ausgewählt, also aus einer repräsentativen Gegend für die ländliche amerikanische Bevölkerung, mit einem hohen Anteil an Katholiken (54%) und Weißen (92%). Interviews mit diesen Familien wurden in den Jahren 1975, 1983, 1985/86 und 1991/93 durchgeführt. Im Jahr 2000 wurden mittels Fragebogen aggressive Akte erfaßt und zusätzlich Daten aus Kriminalstatistiken des Staates New York herangezogen.

Das mittlere Alter der untersuchten Probanden war 5,8 Jahre im Jahr 1975 bzw. 30 Jahre im Jahr 2000. Die Kinder und ihre Mütter wurden getrennt durch vorher intensiv trainierte und supervidierte Interviewer befragt, die jeweils gegenüber den Antworten der zugehörigen Mutter bzw. des zugehörigen Kindes blind waren. Gemessen wurden zusätzlich der sozioökonomische Status, die verbale Intelligenz sowie die Vernachlässigung der Kinder anhand von Selbst- und Fremdbeurteilungen. Weiterhin wurden die Nachbarschaftsverhältnisse, die Aggressivität unter Gleichaltrigen und die Gewalt in der Schule untersucht.

Die Ergebnisse zeigten Folgendes: Vernachlässigung als Kind, Aufwachsen in einer unsicheren Nachbarschaft, geringes Einkommen der Familie, geringes Ausbildungsniveau sowie psychiatrische Erkrankungen der Eltern waren signifikant positiv mit dem Fernsehkonsum im Alter von 14 Jahren und mit aggressivem Verhalten im Alter von 16 bzw. 22 Jahren korreliert. Wurde der Einfluß der genannten Kovariablen durch statistische Verfahren eliminiert, blieb noch immer ein signifikanter Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und aggressivem Verhalten nachweisbar. Der Fernsehkonsum im Alter von 14 Jahren war deutlich mit späteren aggressiven Akten gegenüber anderen Personen korreliert, nicht jedoch mit späteren Diebstahlsdelikten, Brandstiftung oder Vandalismus, also nicht mit Kriminalität überhaupt. Besonders wichtig ist der Befund, daß der Fernsehkonsum mit späterer Aggressivität auch bei denjenigen Jugendlichen korreliert war, die zuvor keine aggressiven Verhaltensweisen gezeigt hatten. Das Fernsehen macht also nicht nur diejenigen gewalttätig , die hierzu ohnehin neigen, sondern auch diejenigen, die eigentlich nicht dazu neigen. Auch zeigte sich, daß der Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Gewalt nicht nur für die Jungen, sondern auch für die Mädchen zutraf.

Von Bedeutung ist die Tatsache, daß der Fernsehkonsum nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Jugendlichen zu späteren Gewaltdelikten führt: Bei den Männern war der Fernsehkonsum im Alter von 22 Jahren mit späteren Tätlichkeitsdelikten mit Körperverletzung korreliert. In der entsprechenden Altersgruppe der Frauen war die Menge an Fernsehkonsum im Alter von 22 Jahren mit Gewalttaten und Verletzungsdelikten, mit Raubüberfällen, Gewaltdrohungen und Waffengebrauch sowie mit allgemein aggressiver Verhaltensweise gegenüber anderen Personen korreliert. Interessanterweise war die Verbindung zwischen Fernsehkonsurn im Alter von 22 Jahren und der letztgenannten Variablen (any aggressive act against another person) bei den weiblichen Probanden größer als bei den männlichen.

Die Autoren heben hervor, daß die Untersuchung einen klaren Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Gewaltbereitschaft nachweist. Dieser Zusammenhang ist nicht erklärbar durch andere Variablen, wie beispielsweise niedriges Einkommen oder ungünstige Wohnverhältnisse. Die Autoren fanden weiterhin, daß gewaltbereite Jugendliche im Alter von 14 Jahren zwei Jahre später einen höheren Fernsehkonsum hatten, daß es also auch den umgekehrten Zusammenhang gibt: Gewalt macht Fernsehkonsum. Der Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Aggression war unabhängig davon, ob bereits vorher aggressive Verhaltensweisen vorlagen oder nicht. Dies legt wiederum nahe, daß der wesentliche kausale Einfluß in die andere Richtung geht: Fernsehen macht gewalttätig.

Medienkommissionen und Schönrednerei

Mit dem Thema Gewalt im Fernsehen wird von verschiedener Seite ganz uneinheitlich umgegangen: Einerseits wird die Einschränkung von Gewaltdarstellungen in Video und Fernsehen von der Bundesregierung gefordert und von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten versprochen. Andererseits begründen diese mit dem Verweis auf die viele Gewalt in den kommerziellen Sendern die Ausstrahlung von Gewalt auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramm, ganz nach dem Motto: Die anderen machen diesen Unfug, und wenn wir konkurrenzfähig bleiben sollen, müssen wir diesen Unfug auch machen (weil die Zuschauer ihn gerne sehen). Das bereits in der Einleitung angeführte Zitat der ARD/ZDF Medienkommission zeigt diese Meinung klar an, die heute wahrscheinlich – angesichts des gewachsenen Konkurrenzdrucks – in höherem Maße gilt als noch zu Beginn der 90er Jahre.

Die Sache wird auch dadurch nicht klarer, daß Medienkommissionen auf die "multifaktorielle" Verursachung von Gewalt hinweisen: Das Fernsehen mache doch gar nicht allein gewalttätig, vielmehr seien viele Faktoren unserer Gesellschaft für die Zunahme der Gewalt verantwortlich. Natürlich ist das so, das Argument ist aber ebenso falsch, wie wenn man sagt, daß McDonalds für Fettleibigkeit nicht zuständig sei, weil man sich ja ungesunde Speisen von vielen Anbietern holen könne (vgl. hierzu auch Kapitel 8).
Immer wieder hört man auch das Argument, daß sich die Forscher ja nicht einig seien und daß es sehr viele, zum Teil sich widersprechende Theorien über Gewalt im Fernsehen und deren Auswirkungen gebe. Hierzu muß man zunächst einmal festhalten, daß dieser Einwand nicht zutreffend ist: Nur dadurch, daß es unterschiedliche Theorien über einen Sachverhalt gibt, kann man den Sachverhalt selbst keinesfalls leugnen: So gab es beispielsweise in der Vergangenheit unterschiedliche Theorien dazu, was Feuer ist, oder warum eine Kerze brennt. Daraus folgt jedoch nicht, daß es Feuer nicht gibt oder daß Kerzen nicht brennen. Genau so wird aber nicht selten im Hinblick auf Gewalt im Fernsehen argumentiert: Weil es Lerntheorie, Rollentheorie, Triebtheorie, Konflikttheorie, Erregungstheorie etc. gäbe und sich diese Theorien nicht einig seien, könne man den tatsächlichen Effekt der Gewalt im Fernsehen gar nicht beurteilen.

Auch im Hinblick auf dieses Argument verhält es sich mit der Gewalt in den Medien nicht anders als mit den Klimaveränderungen durch menschliche Einwirkung (vgl. auch Kapitel 1 und 8): Weil es in der Wissenschaft sowieso immer Kontroversen gibt (so behaupten die Luftverschmutzer), und weil es zuweilen auch unter Wissenschaftlern Menschen gibt, die ohne jegliche Begründung das Gegenteil einer allgemein akzeptierten Meinung behaupten, kann Nichtstun weiter begründet werden. Der amerikanische Präsident Bush beruft sich auf ein paar Wissenschaftler, die den Zusammenhang von Treibhausgasen und globaler Erwärmung anzweifeln. Dieser Zusammenhang ist jedoch mittlerweile bei der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler nicht mehr umstritten, unklar sind allenfalls noch Einzelheiten und genaue Wirkungszusammenhänge. Mit dem Hinweis auf die Uneinigkeit der Wissenschaftler jedoch wurde und wird nach wie vor von der Bush-Administration die Untätigkeit im Hinblick auf eine Reduktion der Treibhausgase gerechtfertigt. Die Uneinigkeit von Wissenschaftlern ist also praktisch, wenn es darum geht, nichts zu verändern.

Nicht anders ist es bei der Diskussion von Gewalt im Fernsehen (vgl. Ludwig & Pruys 1998, S. 18). Hierzu folgen nun einige Beispiele. Im Jahr 1971 publiziert das ZDF folgendes Statement:

Die dominierende Position in dieser Auseinandersetzung schreibt der Gewaltdarstellung im Fernsehen eine eindeutig negative Wirkung, insbesondere auf Kinder zu. Diese Auffassung ist in ihrer Einseitigkeit und damit Undifferenziertheit sicherlich falsch, wenngleich die sozialwissenschaftliche Forschung zu diesem Thema bisher keine eindeutigen Aussagen machen konnte. (Kellner & Horn 1971, S. 3)

Etwa zehn Jahre später findet sich diese Formulierung:

Insgesamt gesehen ist die Fernsehgewalt für die Genese realer Gewalt ziemlich bedeutungslos. (Kunczik 1980, S. 813)

Oder:

Eine deutliche Reduktion von Mediengewalt führt mit Sicherheit nicht zu einer Reduktion der in einer Gesellschaft tatsächlich ausgeübten Gewalt. (Kunczek; zit. nach Eisenhauer & Hübner 1986, S. 88)

Wie ein Medienwissenschaftler angesichts der erdrückenden Datenlage dies behaupten kann, bleibt mir schleierhaft. Wenn jedoch selbst die unabhängige Gewaltkommission der Bundesregierung in ihrem Abschlußbericht knapp 20 Jahre später das Folgende feststellt:

Aufgrund der bisher vorliegenden Untersuchungen sind keine befriedigenden Aussagen über das Verhältnis von Medieninhalten und Gewaltanwendung möglich. (Schwind & Baumann 1990, S. 391)

dann ist klar, daß hier nicht unabhängig und schon gar nicht objektiv (und schon gar nicht von Experten) geurteilt wurde. So ging es weiter, und auch vor zehn Jahren hieß es noch:

Es gibt keine klaren Antworten, weil es die direkten, starken Wirkungen des Fernsehens nicht gibt und weil man die indirekten, langfristigen Wirkungen nur schwer messen kann. (Merten 1994, S. 3)

Im Grunde genommen war damals die Datenlage bereits erdrückend, worauf auch immer wieder hingewiesen wurde (vgl. Groebel 1993, S. 91). Es fällt jedoch auf, daß gerade deutsche Medienpädagogen (vgl. den Abschnitt in Kapitel 8) die internationale Literatur zur empirischen Forschung der Auswirkungen von Gewalt im Fernsehen vielfach nicht zur Kenntnis nehmen.

Die Argumente gegen Gewaltdarstellungen im Fernsehen sind nach wie vor nicht eindeutig und empirisch abgesichert.
Dies schreiben noch 1998 die Medienforscher Ludwig und Pruys (1998, S. 28), und nichts anderes findet man in einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung aus dem Jahr 2003:

Auf erkenntnistheoretischer Ebene besteht unter den Wissenschaftlern weithin Einigkeit, daß es im Hinblick auf die mediale Welt keine direkten Wirkungen von dieser auf die reale Welt gibt, egal, ob die Inhalte gewaltorientiert sind oder nicht. (Fritz & Fehr 2003, S. 51)

Hier wird – finanziert mit öffentlichem Geld – schlicht gelogen!

...

Download
zurück zu Spitzer