Auszüge aus Karl Georg Weber's
"Selbstbild und Täuschung"

Politisches Werben zwischen Beeinflussung und Manipulation

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Einleitung

Gemeinsam ist fast allen privaten wie öffentlichen Stigmatisierungen von Lüge, Täuschung und Manipulation, daß deren Negativität evident scheint. Als bedürfe die Verwendung von Negativbegriffen für Negativphänomene keiner weiteren Rechtfertigung, als erübrige es sich, konkrete und differenzierte Schadensbilanzen zu eröffnen und zu begründen.

Diese Perspektive der, scheinbar oder tatsächlich, negativ Betroffenen trübt leicht den Blick für eine andere Evidenz, daß nämlich praktizierte Beeinflussung ebenso alltäglich wie überlebensnotwendig ist. Schon das Kleinkind würde bei der Herausbildung von Selbstbewußtsein scheitern, ohne seinen interaktiven Wert im, zunächst rein familialen, sozialen Machtspiel ›strategisch‹ zur existentiellen Selbstbehauptung einzusetzen, ohne mit dem Gefühl für das Wechselspiel von Druck und Gegendruck zu agieren, ohne die Fähigkeit auszubilden, ein auf Außenwirkung angelegtes Bild abzugeben. Ansonsten wäre Kindheit nur das, was es im schlimmsten Fall ist: unausweichlich und ausschließlich gelebter Elternwille.

Aber auch für das sich selbstbehauptende erwachsene Individuum sind Täuschungen unverzichtbare Überlebensmittel. Das gilt zum einen für Selbstverhältnisse in Form von Selbsttäuschungen, wenn, zum Beispiel bei existentiellen Krisen, Wirklichkeit nur noch in einer bestimmten Sichtweise – wie die RAF- und Heidegger-Kapitel zeigen werden – erträglich zu sein scheint. Noch alltäglicher sind Täuschungen als wesentliches Element sozialer Diplomatie: Befolgten die Menschen die Aufforderung, die Lüge zu lassen und die Wahrheit zu reden, wären die Folgen entsetzlich. Das ganze soziale Gefüge bräche zusammen, die Menschen sagten sich nicht nur gnadenlos ins Gesicht, was sie dächten, sondern auch, was sie voneinander hielten. Dies wäre das Ende aller Beziehungen, der privaten, der beruflichen und der öffentlichen.

Doch obwohl diese ernüchternde Erkenntnis realistisch ist, kann sie nicht die Generalabsolution für jeden Täuschungsversuch aus Eigeninteresse bedeuten. Es gilt zu unterscheiden zwischen der Unmöglichkeit, in allen privat-alltäglichen Interaktionen alle Wahrheitsmaßstäbe geltend zu machen bzw. sich diesen gemäß zu verhalten, und dem auf öffentliche Wirkung angelegten Verschweigen von Wahrheiten und Sachverhalten, die das Gemeinwohl betreffen. Für Machteliten, die an massenhaften politischen Legitimitätsgewinnen interessiert sind, mögen Täuschungen zweckdienlich sein, doch sind diese legitimierbar, wenn sie im Namen und zu Lasten des Gemeinwohls stattfinden?

Eine solche Fragwürdigkeit besitzen auch Täuschungen im Kontext politischen Werbens als eines der Hauptmedien politischer Legitimationsgewinnung. Denn der Konkurrenzdruck, dem politische Symbole ausgesetzt sind, bringt es mit sich, daß politisches Werben je nach Bedürfnislage und Perspektive schwankt zwischen politischer Orientierung und Desorientierung, zwischen Transparenz und Verschleierung von Sachverhalten und Handlungsrationalitäten. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, daß werbliche Vereinnahmungsversuche interessegeleitet und damit einseitige Gewichtungen in Werbewirklichkeiten unvermeidlich sind. Kritisierbar sind nur die nachzuweisenden Grenzüberschreitungen zwischen Verantwortungspflicht und Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Gemeinwohl durch die politisch Legitimierten und zu Legitimierenden. Der Vorwurf der Grenzüberschreitung gilt allerdings und nicht erst im Zeitalter der Risikogesellschaft auch für die andere Seite, für die Adressaten politischen Werbens, für die Desorientierung einen subjektiven Nutzen haben kann. Dann besteht der subjektive Gebrauchswert eines politischen Sinnangebots darin, daß die symbolisch-werbliche Selbstdarstellung von Machteliten zum entscheidenden Anlaß genommen wird, sich in ihrem Machtbereich optimal aufgehoben zu fühlen. Das unreflektierte Abgeben individueller Verantwortung für ein Gemeinwesen wird so als subjektiver Bequemlichkeitsgewinn verbucht auf Kosten der Möglichkeit und Notwendigkeit, politische Zusammenhänge zu bedenken.

Der Versuch, die Legitimität und Plausibilität von subjektiven Gebrauchswertperspektiven, von Partikularinteressen zu rekonstruieren, ist analytisch nur möglich aus dem Blickwinkel objektiver Gebrauchswerte, auf der Basis der Definition des grundlegenden Gebrauchswertes politischen Handelns: Kollektives Handeln ist dann politisch, wenn es seinen Gebrauchswert gewinnt aus der Bildung von Gemeinwesen, wenn es dem Schutz dieses Gemeinwesens dient und dessen Entwicklungsmöglichkeiten befördert. Ein Gemeinwesen darf nicht einzelne Bevölkerungsteile, einzelne Menschen, einzelne Realitätszusammenhänge, einzelne Rechtsansprüche ausgrenzen; es ist so reich, wie es Zusammenhang herzustellen vermag.

Und es ist so arm, wie Zusammenhänge überlagert oder verhindert werden, indem Machteliten über Symbolproduktionen Pseudozusammenhänge stiften. Dann besteht die Legitimitätsproblematik darin, daß Rezipienten von politischen Botschaften durch von ihnen nicht durchschaute Vereinnahmungsstrategien sich auf die Perspektive von Einzelinteressen verpflichten lassen.

Natürlich läßt sich das Problem politischer Legitimiät mit einem Gesellschaftsbild erledigen, das auf der anthropologischen Grundannahme basiert, nach der das Massenindividuum getäuscht sein will. Wer so argumentiert, kann auch auf historische Beispiele verweisen, bei denen die wie auch immer zustandegekommene pauschale Delegierung von individueller politischer Verantwortung dem Gemeinwohl zumindest nicht geschadet hat. Doch bleibt, ungeachtet der Frage, ob diese laisser-faire-Haltung je vertretbar war, festzuhalten, daß ein politisches Subjekt, das nicht nur im Zeitalter von Risikogemeinschaften seine Verantwortung an eine Machtelite delegiert, erst einmal von Symbolen der Macht und Kompetenz beeindruckt sein oder werden muß. Auch eine pauschal legitimierte Machtelite kann auf Symbolproduktion und symbolische Politik nicht verzichten, so daß sich aus beiden Perspektiven der Machtzuweisung, der legitimatorischen und der delegatorischen, ein technisches Interesse für die Mechanismen von politischer Vereinnahmung ableiten läßt. Ein solches Interesse kann sich freilich nicht auf die symbolische Oberfläche der Botschaft, auf den Nennwert der Symbolik, beschränken.

Eine rein objektivistisch-politikwissenschaftliche Sichtweise, die politische Ereignisse oder Prozesse lediglich unter ihrem "Nennwert" sieht und analysiert, ohne deren "Dramaturgie", also deren Symbolwert aufzudecken, verkennt einen wesentlichen Aspekt politischen Handelns.

Zwischen einem Sachverhalt und seiner symbolischen Darstellung liegt ein Freiraum, den ein politischer Akteur strategisch-instrumentell für seine Überzeugungsarbeit nutzt. Es ist der Raum für Repräsentationssymbole, wo "eigentliche" Bedeutungen durch Erscheinungsformen generiert werden. Es liegt auf der Hand, daß sich diese Ebene latenter Bedeutungen nicht schon durch die Anwendung der Figurenlehre der klassischen Rhetorik analytisch erfassen läßt. Die Bedeutung der unterschiedlichen Darstellungsweisen desselben Sachverhaltes, z.B. "grausam gefoltert" vs. "unfein behandelt", offenbart sich erst mit dem Wissen um den historischen Kontext. In ihrer Bedeutung verstanden ist eine ideologische Botschaft erst dann, wenn das interaktive Moment ideologischer Appelle, wenn die Komplementarität der Bedürfnislage auf Sender- und Empfängerseite herausgearbeitet ist. Die nur im Idealfall vollständig zu beantwortende Frage nach der Bedeutung lautet: Wer verwendet welche Symbole, wann und wo, wem gegenüber und zu welchem Zweck? Auf eine werbliche Eindrucksästhetik gerichtet verkürzt sich die Frage: Wer will warum welches Bild abgeben?

Mit dem technischen Interesse für Vereinnahmungsmechanismen stellt sich also die Frage nach dem Erscheinungsbild, nach der Art, wie der oder das einzelne vom anderen wahrgenommen wird oder werden soll, wie es um das Komplementaritätsverhältnis von Sender und Empfänger bestellt ist. Die Unausweichlichkeit der kommunikativen Wechselwirkung reicht weit vor den Menschen zurück. Das Vermögen zu täuschen, Erscheinungsbilder strategisch einzusetzen, hat einen existentiellen Urgrund; es gehört zur Grundausstattung von allen in Sozietäten sich selbstbehauptenden Primaten.

Zum eigenen Vorteil größere als die tatsächlich vorhandene Menge vorzutäuschen oder eine höherwertige Qualität – das macht bereits jeder Schimpanse, der durch Fellsträuben seinen Körperumriß vergrößert: Die Welt der Kultur ist der Welt der Natur in mannigfaltiger Weise ähnlich, weil (...) sie aus ein und demselben Ursprung zu begreifen sind.

Der Zusammenhang von Selbstbehauptung und Erscheinungsbild ist das Grundmuster jeder normativen Kommunikation, so daß er zwingend einfließen muß in eine Begrifflichkeit zu Phänomenen von Beeinflussung und Manipulation. Auch im ideologisch werblichen Kontext dient das Weglassen von Teilen der Wahrheit und das Hinzufügen von Wahrheitsattrappen der Modellierung von möglichst suggestiven Erscheinungsbildern. Grob gesehen drückt sich im erscheinungsbildlichen Vortäuschen höherer Quantität und Qualität eine Analogie aus zwischen normativ-werblichen Sinnangeboten und den Imponier- und Drohgebärden bei nichtmenschlichen Primaten. Auf beiden Ebenen dienen Erscheinungsbilder dazu, Bedeutungen zu schaffen, Ansprüche zu unterstreichen und, bis hin zur geistigen bzw. optischen Täuschung, Größe zu demonstrieren. Zweckendlich geht es den Primaten als Erscheinungsbildnern darum, sich in ihrer Hierarchisierungsmächtigkeit zu präsentieren und optisch wie auch symbolsprachlich ihre soziale Potenz zu markieren.

Aus der Perspektive der demonstrativen wie rezeptiven Selbstbehauptung sind Symbole Orientierungsmittel, weil sie die Kluft zwischen sozialen Ordnungen und Individuen gleichzeitig kennzeichnen und überbrücken. Erfolgreich sind beide Formen der Selbstbehauptung nur dann, wenn die Zeichen richtig (ein-)gesetzt bzw. gedeutet werden. Doch während Tierprimaten in ihrem taktischen Demonstrations- und Täuschungsverhalten meist dem begrenzten Horizont des Reiz-Reaktionsbereichs verhaftet bleiben, kann der Mensch Abstand gewinnen und als ideologisches Wesen Sinn abstrakt, um des Sinnes willen, verhandeln. Er ruft und wird zu ideologischen Ordnungen gerufen. Er richtet sich an ihnen auf, wenn sie, auch unabhängig von den herrschenden Sozialstrukturen, soziale Potenz entfalten und als eigene Form von Energieverhältnissen imaginativ gelebt werden, manchmal bis zu dem Punkt, an dem im subjektiven existentiellen Bewußtsein ideologische Ordnungsvorstellungen den realen sozialen Ordnungssystemen übergeordnet sind. Aber auch unterhalb dieses Punktes gehören Sinnangebote, jenseits des Vereinnnahmungsinteresses der Anbieter, zur existentiellen Grundversorgung des sinnsuchenden Menschen. Sie dienen als Orientierungsimpulse im problemträchtigen Zusammenhang von Hierarchieerfahrungen und Möglichkeiten individueller Existenzbewältigung. Dabei ist er stets der Ambivalenz von Erscheinungsbildern ausgesetzt. Einerseits können diese die individuelle Relevanz von Bedeutungen veranschaulichen, andererseits die Einseitigkeiten von Wirklichkeitsdarstellungen und Ordnungsansprüchen als fraglos erscheinen lassen. Die Ambivalenz von Erscheinungsbildern besteht also darin, Fraglosigkeit so herstellen zu können, daß die oft entgegengesetzten Interessen sowohl der Orientierung Suchenden als auch Bietenden erfüllt sind. Diese ambivalente Dimension der Erscheinungsbilder provoziert die Frage nach den Bedingungen ihrer Wirkungsmöglichkeit. Welche Strukturen sind im Rezipientenbewußtsein aktiviert, wenn Erscheinungsbilder ideologischen Sinn in Szene setzen und ihm die Exklusivität "eigentlicher" Bedeutung so plausibel verleihen, daß beim Empfänger komplementäre Vorstellungsbilder von existentieller Wichtigkeit ausgelöst werden?

Es liegt nahe, davon auszugehen, daß jedes Umgehen mit Hierarchieerfahrungen und Ordnungsansprüchen seine individuelle Geschichte hat. Sie nimmt ihren Anfang mit der prägenden Erfahrung von Elternautorität oder deren Substitut als primärer Ordnungsinstanz, die den einzelnen zur ersten Auseinandersetzung mit autoritativen Ordnungsvorgaben zwingt. Unter dem massiven Eindruck ihrer Reichweite entsteht der frühkindliche Maßstab für Wirklichkeit und Wahrheit. Diese Urform der belohnenden wie bestrafenden, in jedem Fall dominierenden Autorität hat in der Retrospektive einen besonderen Nachhall. Dieser resultiert aus der Struktur der familialen als einer "natürlichen" Ordnung, zu deren Exklusivität es im kindlichen Horizont lange keine Alternative gibt. Die frühkindliche Erfahrung elterlicher Autorität ist die Erfahrung einer unumstößlichen Hierarchie, aus der sich alle umfassende Wertungen ableiten. Elternautorität ist die ursprüngliche Instanz, die darüber entscheidet, wie der Mensch erstmalig Wert und Werte erlangt.

Deshalb bedienen sich diejenigen, die politisch werbend an eine existentielle Orientierung glauben machen wollen, oft einer autoritativen Repräsentationssymbolik, die auf einen ähnlich umfassenden Geltungsanspruch zielt. Diese muß genauso überzeugen wie der Nennwert eines Sinnangebots. Glaubwürdig kann nicht nur der Wahrheitsgehalt einer Behauptung sein, sondern auch ihr appellatives Erscheinungsbild, zu dem wesentlich der autoritative Hintergrund ihrer Vermittlung gehört. Mit der autoritativen Aufladung einer ideologischen Symbolik soll deren existentielle Bedeutung als so berückend empfunden werden, daß sie beim Rezipienten in nachhaltige Selbstbezüge mündet. Ausgelöst werden Selbstbezüge durch symbolische Inszenierungen, die eine hierarchisch geordnete Wirklichkeit so beeindruckend in Erscheinung treten lassen, daß den offenen oder versteckten Wertungen vom Rezipienten eine existentiell richtungsweisende Bedeutung beigemessen wird. In der Zweckperspektive ideologischer Vereinnahmung definiert sich Erscheinungsbild ganz allgemein als die wertsprachliche Inszenierung von existentiellen Bedeutungen. Das Modellieren von Erscheinungsbildern geht also weit über die Ebene visueller Darstellungsästhetik hinaus.

Die Rahmenbedingungen des Marktes, wie Konkurrenz und Anonymität, bedingen, daß auch die in der besten Absicht unternommene Selbstlegitimation, zumindest latent, appellativ aufgeladen wird. Die Unausweichlichkeit, zu jedem Nennwert eine Dramaturgie mitkalkulieren zu müssen, begründet die potentielle Ambivalenz einer selbstlegitimatorischen Symbolverwendung. Als Sinnangebot und im Dienste der Wirklichkeitsgestaltung einer Machtelite will und muß sie von ihrer Dramaturgie her wie als Interpretationsvorgabe für den Rezipienten einen Legitimierungsimpuls bedeuten. Angesichts dieser Ambivalenz stellt sich jeweils die zentrale Frage, wie Nenn- und Symbolwert instrumentalisiert sind. Aus der Sicht des Rezipienten ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer Symbolanalyse, die in der alltäglichen Rezeption meist rudimentär und habitualisiert vollzogen wird.

Daß nun die Analyse von vier Beispielen politischer Sinnstiftung hier wesentlich gründlicher betrieben wird, rechtfertigen u.a. deren teilweise enorme Legitimationsansprüche, zu deren Analyse ästhetische oder rein inhaltsanalytische Kriterien nicht weit genug führen. Das gilt schon für den Fall, wo die politische Symbolik einer Machtelite als Medium eines Bewertungsappells dient mit dem Minimalziel, Fraglosigkeit bzw. Passivität gegenüber ihrem Alleinvertretungsanspruch zu erreichen. Und das gilt erst recht, wenn durch diese Symbolik explizit oder implizit Handlungsanleitungen mit dem Versprechen eines besseren Lebens verkörpert sind.

In beiderlei Hinsicht hat eine Symbolanalyse angesichts der Ambivalenz von Nenn- und Symbolwert als klassifikatorische Wertanalyse zu verfahren, die die Organisationsstrukturen politischer Wirklichkeitsdarstellung aufdeckt und das Steuerungspotential ihrer Wertsprache erfaßt. Dabei muß sie die politökonomische Perspektive einer Machtelite ebenso ins Auge fassen wie die orientierungs- und handlungspraktische Perspektive des Rezipienten. Beide Perspektiven werden über Schlüsselsymbole abgedeckt, die möglichst viel eindrucksvoll repräsentieren, um für möglichst viele eindrucksvolle Orientierungswirkung entfalten zu können. In dieser Sichtweise dienen Symbole als repräsentative Bezugspunkte mit Versprechenscharakter; als Machtversprechen für die symbolsetzende Machtelite und als Versprechen eines besseren Lebens für den Symbolrezipienten. Entsprechend muß eine Symbolananlyse auch ermitteln, inwieweit eine Realitätskontrolle durch die Suggestivität und Plausibilität des Sinnangebots hinfällig scheint bzw. Realität und Versprechen divergieren.

Welche Formen von Beeinflussung und Manipulation die Symbolanalyse auch freilegt, stets gilt ihr zentrales Interesse den Mechanismen symbolischer Repräsentanz, der Montage von Erscheinungsbildern in ideologischen Botschaften, in denen eine besondere und noch zu diskutierende Klasse von latenten Sinnstrukturen ein Rezipientenbewußtsein so anspricht, daß es Wertungen übernimmt und auf seine Existenz bezieht. Am Schluß soll ein durchgängiges Vermittlungsprinzip politischer Wirklichkeitsgestaltung herausgearbeitet sein, in das nicht nur die subjektiven und objektiven Bedingungen des Ankommens, also von Bewußtseinsmacht, einfließen, sondern – als zwei Seiten derselben Medaille – sowohl die symbolischen Versprechens- bzw. Gratifikationsanteile als auch ihre Sanktionspotentiale gegenüber möglichen Nein-Haltungen zu Wert- und Sinnangeboten.

Diese einheitliche Struktur ideologischer Wertsprache leitet sich ab aus einer Grundbedingung von Sozialisation, nämlich der autoritätsgeprägten Genese von Selbstbewußtsein. Sie ist theoretisch und praktisch v.a. in Kapitel 2 und 3 behandelt. In vorbereitender Absicht soll in Kapitel 1 die Marktorientiertheit politischer Symbolik und ihre wertsprachliche Organisation in Begriffe gefaßt werden. Als Ausgangspunkt dienen der Stellenwert und die Hierarchiemächtigkeit der Erscheinungsbilder im Herrschaftsgefüge der höfischen Gesellschaft. Denn Gesellschaft, wenn auch nicht als höfische, ist überall und damit die Notwendigkeit von Eindrucksmanagement.

Beeinflussung und Manipulation

Bei der Semantik der Aktivierung und Okkupation ("prägt", "füllt", "deutet") geht es um die Verständnislenkung geschichtlicher Fakten als Basis politischer Sinnstiftung. Damit folgt die Aneignung von Geschichte zugunsten einer aktuellen Machtperspektive der Erkenntnis, daß über Legitimationsgewinne auf Symbolebene entschieden wird. Folglich muß bei der Darstellung einer historischen Wirklichkeit der Anspruch auf Authentizität der historischen Fakten hinter die Vereinnnahmungsorientiertheit einer marktgängig-suggestiven Begrifflichkeit zurücktreten. Über symbolisches Eindrucksmanagement werden emotionalisierend die eigenen Anschauungen von Realität in dem Maße verstärkt, wie alternative Ansichten und Sinnstiftungen ausgegrenzt sind. Persuasive Texte stehen mithin unter dem Diktum, weniger die Realität zu analysieren als sie zu vereinnahmen und zu einer anderen Realität höherer Ordnung und Qualität symbolisch auszubauen. Denn erst als in einem werblichen Sinnangebot vereinnahmte und inszenierte bietet sie sich massenkomunikativ dazu an, in die existentiellen Kalküle von Rezipienten integriert zu werden. Die Inszenierung ist oft umso attraktiver für den Umworbenen, je mehr das Erscheinungsbild eines Sinnangebots historische Sachverhalte als ernüchterndes Regulativ ausschließen kann. Aber dennoch ist Geschichte zumindest als Hintergrund einer Welterklärung und zum Zwecke ihrer Rechtfertigung unentbehrlich. Und genau in jeweiligen interessegeleiteten, selektiven Zugriffen auf geschichtliche Sachverhalte, wenn Geschichte zur Manövriermasse einer willkürlich wertenden Anschauung schrumpft – hier zu verstehen als inszenatorischer Funktionszusammenhang von Eindruckswert und historischer Wirklichkeit –, offenbart sich der Bereich, in dem Perspektiven von Bewußtseinsmacht und Möglichkeiten von ideologischer Beeinflussung und Manipulation mittels einer Symbolanalyse feststellbar sind.

In Abgrenzung zur Lüge, die eine direkte falsche Tatsachenbehauptung ist, muß die ideologische Meinung als die machtinteressierte Gewichtung von historischen Sachverhalten verstanden werden, die erst so als Sinnextrakte legitimiert sein und den Charakter von Orientierungspunkten besitzen sollen. Ist einmal eine historische Situation mit einer bestimmten Deutung okkupiert, kann sich daraus ein weiterreichender Interpretationsanspruch ableiten. Aus Deutung soll Bedeutung werden, mit der sich politische Zukunft ideologisch antizipieren läßt.

Mit diesem Verständnis von Zukunfts- als Machtgewinn über die Darstellung einer Geschichtswirklichkeit ist ein Grundmechanismus ideologischer Vereinnahmung benannt: Der Allgemeingültigkeitsanspruch von Schlüsselsymbolen ist eindruckswertig, nämlich als das Erscheinungsbild eines existentiellen symbolischen Gebrauchswerts, so inszeniert, daß ihre transhistorische Bedeutung als Sinnstiftung und Orientierung plausibel und legitim scheint. Die ideologisch-werbliche Normalsituation ist also die, daß Schlüsselsymbolen bzw. Abstrakta, die für existentielle Werte stehen, die Funktion der normativen Tatsachenbehauptung zukommt ("Dies und nichts anderes macht die Wirklichkeit aus"), während die Beweisführung auf der Ebene ihrer symbolisch-semantischen Einbettung, ihres Erscheinungsbilds als exemplarische Wirklichkeitsdarstellung durchgespielt wird. Dementsprechend und angesichts der Legitimitätsfrage, der sich Sinnangebote stellen müssen, wenn sie die Perspektive des Gemeinwohls zu vertreten vorgeben, muß ideologisches als inszeniertes Meinen in seine existentiellen Gebrauchswertanteile und seine machtstrategischen Anteile zu trennen sein.

Und weil ideologisches Meinen vereinnahmungsstrategisch aufgebaut und zu verstehen ist, bietet sich die Kategorie Eindruckswert als Grundprinzip seiner Analyse an. Denn nur mit dem jeweiligen Erscheinungsbild von Schlüsselsymbolen und existentiellen Gebrauchswerten gelangt eine bestimmte Realität so zur Ansicht, daß andere Realitäten zur Sicherung ihrer Exklusivität ausgeblendet bleiben. Damit reflektiert das Erscheinungsbild auch, welche Anteile warum durch Begriffssetzungen, durch einen symbolischen Zugriff auf Realität ausgeblendet sind, welche Teile historischer Realität die Angebotsseite "gebrauchen" kann und welche warum nicht.

Das Erscheinungsbild weist also über die von ihm dargestellte Wirklichkeit hinaus und kann nur durch seine Selektivität als Bindeglied fungieren zwischen der durch es dargestellten Realität und der historischen Realität als dem Kontext von Sinnangeboten. Dies soll nicht nur heißen, daß eine Bedeutungsanalyse sich nicht auf die lexikalische Inhaltsebene beschränken kann, sondern auch latente Inhalte zu berücksichtigen hat. Vielmehr entscheiden erst die situativen Voraussetzungen und Vorgaben über Bedeutungen, auch über die Bedeutung dessen, was aus strategischen Gründen als Realität ausgeblendet bleibt. Unter dem Blickwinkel von symbolischer Politik als "intentionale(m) Handeln im Rahmen politischer Aktion, (...) das seinerseits ein neues Bezugssystem für sprachliche und nichtsprachliche Aktionen installiert", bedarf es "der Einbeziehung außerlinguistischer Faktoren", um "zu definieren, was sprachlich angemessen ist und was nicht."

Wenn nun eine durch den Kontext und die historische Situation definierte Machtabsicht auf die symbolische Organisation ihrer Sinnangebote, auf Erscheinungsbilder angewiesen ist, weil sie sich als Interesse – zumindest latent – niederschlagen muß, folgt daraus, daß die symbolische Objektebene durch ihre Instrumentalität ein Machtinteresse ablesbar macht. Und obwohl zum Kontext eines Sinnangebots auch die Bedingungen potentieller oder tatsächlicher Rezeption gehören, meint hier Kontext vor allem die Komplementarität des Erscheinungsbilds zu den situativen Bedingungen eines werblichen Angebots und seines Anbieters. Eben weil Kontextbedingungen notwendigerweise in die Objektebene einfließen bzw. dort mitkalkuliert sind, läßt sich ihre Bedeutung im Verhältnis von historischem Sachverhalt und seiner Darstellung als Wirklichkeitsvorgabe und damit Möglichkeit von Beeinflussung und Manipulation nur informationsanalytisch klären.

Die Rede von der Möglichkeit von Beeinflussung und Manipulation trägt der Tatsache Rechnung, daß der Rezipient nur mittelbar manipulierbar ist: ideologisch über die Objektebene einer Wirklichkeitsdarstellung. Da es sich nur um Möglichkeiten handelt und eine Vielzahl von Kontextvariablen die Rezeptionsabläufe bestimmen, sind Beeinflussung und Manipulation nicht als faktische am Rezipienten nachzuweisen, sondern als Beeinflussung und Manipulation von Realität. Sie ist somit Produkt wie Mittel der werblichen Vereinnnahmungsabsicht; Mittel insofern, als durch sie konkrete Qualitätsvorstellungen ausgelöst werden. Werbebotschaften stellen jenen Bezug her zwischen den in ihnen verwendeten Wort- und Bildsymbolen und den Sachverhalten, der als (zu) herrschende Ansicht von Wirklichkeit ein Sinnangebot charakterisiert.

Eine Symbolanalyse liefert also keine Prognose über tatsächliche Werbewirkungen. Vielmehr geht es um deren Vorgabe auf der Ebene der Wirklichkeitsdarstellung, die sowohl Teilhabe an als auch Ausschluß von Wirklichkeit bedeuten kann, z.B. wenn sie als hermetische die Passivität des Rezipienten mitbegründet.

Der Divergenz zwischen dem Anspruch eines Sinnangebots und dem historischen Sachverhalt entspricht auf der symbolischen Darstellungsebene das Wechselverhältnis von wirklichkeitsgenerierender und -diskriminierender Potenz eines Eindruckswerts als zwei Seiten derselben Medaille. Der Beeinflussungs- und Manipulationsverdacht zielt mithin auf Eindruckswerte, die als solche, als nichtdiskursive und präsentative, beanspruchen, den größten oder wesentlichen Teil von Wirklichkeit abzudecken, auch in bezug auf eine sich aus einem Sinnmonopol ableitende Vorwegnahme von Zukunftswirklichkeit. Je weiter der Terrainanspruch reicht, desto einsamer, entlegener – im Sinne einer zugespitzten, hierarchisch geordneten Dominanz über Wirklichkeit – muß die Symbolik oder Begrifflichkeit organisiert sein, mittels Erscheinungsbildern unerreichbar gemacht für Relativierungen durch aus der historischen Realität ableitbare Alternativen. Daraus erwächst ein überdimensionierter Gebrauchswertanspruch als Gebrauchswertschein. Das Erscheinungsbild soll diesen Anspruch und Schein als Wirklichkeit der Objektebene veranschaulichen und begründen. Demnach können nicht schon die Schlüsselsymbole eines ideologischen Sinnangebots, sondern erst seine Eindruckswerte die Größe sein, die historische Wirklichkeit zur Relativierung ausblendet. So verweist der Eindruckswert als Ausblendgröße und unter Einbeziehung des situativen Kontextes auf einen jeweiligen Grad – das qualitative Maß der Anteile, die ausgeblendet sind – der Entfernung von der historischen Realität. Damit liegt es nahe, die Grenzen zwischen Beeinflussung und Manipulation als fließend zu betrachten.

Eher manipulativ ist nun diejenige Wirklichkeitsdarstellung, die eine Wirklichkeit und ihre Bewältigung ausschließlich in einer Plus-Minus-Polarität darstellt, bei der sie ungeachtet aller historischen Fakten und ableitbaren Alternativmöglichkeiten den Positivpol exklusiver Richtigkeit für sich beansprucht. Alle abweichenden Perspektiven und resultierenden Handlungskonsequenzen sind als falsche, weil existenz- und gemeinwohlgefährdende, stigmatisiert. Entsprechend geht das manipulative Zukunftsversprechen nicht von graduellen Qualitätsunterschieden verschiedener Zukunftsentwürfe aus, sondern von der Totalität nur einer möglichen Zukunft. Das Versprechen soll als Verpflichtung rezipiert werden und den Rezipienten mit der Verantwortungs- bzw. Schuldfrage konfrontieren im Falle abweichender Ansicht.

Beeinflussende Wirklichkeitsdarstellung verspricht zwar auch einen besseren Weg und die bessere Zukunft, dies aber nicht in der Diktion ausschließlicher und damit unumgänglicher Richtigkeit, die alles und jeden auf sich verpflichten will. Vielmehr zielt das beeinflussende Versprechen weniger auf die Existenzfrage schlechthin als auf das Angebot einer Existenzerleichterung. Vor jeder qualitativen Klassifikation liegt Beeinflussung schon dadurch vor, daß werbliche Inhalte als kognitive Unausweichlichkeiten auftreten, als Okkupierung von Marktraum und -zeit, die im Verein mit der vorgesetzten Realität in Sinnangeboten immer schon für die Rezeption zweckhaft vorgeformte Welt bedeutet. Dahinter steht die Absicht, Fraglosigkeit gegenüber dem Angebot zu erreichen, das als Lebenshilfe erlebt werden soll, deren Wahrnehmung dann die Teilnahme an alternativer Wirklichkeit ausschließen soll. Diese Form quantitativer Wirklichkeitseingrenzung ist da beeinflussend am Ziel, wo die materiellen und/oder symbolischen Aufwendungen zu hoch für konkurrierende Anbieter sind. Je mehr Quantität zur Verfügung steht, desto geringer die Wahrscheinlichkeit relativierender Alternativen zu einem Sinnangebot. Konkurrenzlos bleibt es, solange sich ein Sachverhalt nur in seiner ideologischen Realität manifestiert.

Aber erst die Qualitätsanalyse dieser Realität zeigt den manipulativen Aspekt einer Wirklichkeitsdarstellung, indem die Bedingungen ihrer qualitativen Exklusivität untersucht werden. So basieren manipulative Wirklichkeitsdarstellungen, die sinnstiftend jede Realität abzudecken vorgeben, auf dem Funktionszusammenhang von existentiellem Gebrauchswert und Erscheinungsbild als den Grundfunktionen des Ankommens. Erst in diesem Zusammenhang entwickelt vereinnahmende Sprache ihre wirklichkeitsgenerierende Potenz, konstituiert sich die Exklusivität dieser einen Wirklichkeits- als existentielle Gebrauchswertdarstellung. Erst so ist die Vorwegnahme einer Zielverwirklichung auf Symbolebene inszenierbar, deren Valenz auch für eine Zukunftsrealität suggeriert sein soll. Ein Sinnangebot, das aktuelle Realität deuten oder Realität prognostizieren, also einen existentiellen Gebrauchswert darstellen will, erbringt diesen zumeist nicht schon mit der Verwendung von Leerformeln. Hinzukommen muß (s)eine inszenatorische Prägnanz, um mit Realitätsentwürfen (Zukunfts-) Wirklichkeit zu okkupieren. Vor allem wenn sich die hierarchisierende Potenz eines Sinnangebots in der Stoßrichtung einer Freund-Feind-Symbolik manifestieren soll, bedarf es einer eindrucksvollen Inszenierung, die erst als Positionsfestlegung den ideologischen Bedürfnissen gerecht wird.

Inszenatorische Prägnanz zielt nicht nur auf die organisatorische Zuspitzung der Objektebene, auf möglichst weitreichende Eindruckswerte. Prägnant ist ein Sinnangebot auch in seiner Komplementarität zu einem situativen Kontext und dessen spezifischen Erfordernissen. Inszenatorische Prägnanz bedeutet also auch die Ausrichtung von Erscheinungsbild und Gebrauchswert auf die unterstellten Erfordernisse einer Rezeptionssituation.

In der Art und Weise, in der eine inszenatorische Prägnanz den situativen Kontext, auch die potentielle Rezeption, einbezieht, offenbart sich die Zweckhaftigkeit der Symbolik und damit der subjektive Faktor der Vereinnnahmungsintention der Angebotsseite. Wenn es eine Ausblendgröße mit Absolutheitsanspruch gibt, läßt sich auch eine Verwertungsperspektive als symbolisch objektivierte herausarbeiten, ohne daß sie als subjektive Machtintention explizit sein muß. Entscheidend ist vielmehr, wie eine Symbolik an massenmedial oder institutionell exponierter Stelle quantitativen und qualitativen (Akzeptanz-)Druck ausübt, den der Rezipient entweder durch kognitiven bzw. emotionalen Aufwand oder, mit der Anpassung an die vereinnahmende Darstellung, durch Verzicht auf Alternativwirklichkeiten aufheben kann.

Gerade das manipulative Plus-Minus-Raster soll inszenatorisch prägnant zu eindeutiger Ablehnung oder Zustimmung der in einer ideologischen Darstellung vertretenen Position zwingen, so daß zur Prägnanz auch die meist implizite Andeutung von positiven oder negativen Sanktionen gehört, die deswegen manipulativ funktionstüchtig sind, weil sie vorwegnehmbar sind. Ein derart nichtsymmetrischer Kommunikationsablauf ist auf der Informationsebene auch bei beeinflussender Wirklichkeitsdarstellung denkbar, etwa bei einem Informationsgefälle zwischen Anbieter und Rezipient. Symmetrisch ist ein Beeinflussungversuch dagegen im Sinne der Nichtinstrumentalisierung des Rezipienten für die eigenen Machtintentionen des Anbieters.

Die Frage nach beeinflussender Symmetrie und manipulativer Asymmetrie stellt und klärt sich also auf der Objektebene, die, weil sie zwischen Anbieter und Rezipient liegt, auch zur anderen Seite hin auf ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Akteur und Botschaft verweist. Letztere ist als direktes Objekt eines Machtinteresses auch dessen Indiz. Denn zumindest solange sich ein Machtinteresse noch nicht durchgesetzt hat, bleibt es als auf der Objektebene nachweisbares in Abhängigkeit von ihr; nämlich angewiesen auf Eindruckswerte, die als Medium und Indiz eines Machtinteresses den Funktionszusammenhang Anbieter-Objektebene-Rezipient spiegeln.
Deshalb hat eine Symbolanalyse auch bei ihnen anzusetzen, wenn es um Phänomene von Selbstmanipulation geht. Denn weil der Rezipient nur indirektes und die Darstellungsebene als Medium gleichzeitig direktes Objekt beeinflussender oder manipulativer Vereinnahmung ist, besteht die Möglichkeit der Selbstmanipulation durch die Rückwirkung von Eindruckswerten. Dabei bleiben Anbieter und Rezipient in ähnlicher Weise abhängig von der Objektebene als Medium eine Machtperspektive. Beide bedürfen aus unterschiedlichen Gebrauchswertperspektiven einer Entlastung von der historischen Wirklichkeit. Darin liegt der zentrale Gebrauchswert von Eindruckswerten, über die (Selbst-)Manipulation möglich ist. Bei diesem Wirkungszusammenhang zwischen Akteur und Werbebotschaft ist weniger entscheidend, ob der Täuschende seine Selbsttäuschung erkennt oder erkennen kann, als vielmehr die Tatsache, daß der Akteur seine Ansicht der Dinge nach seinen existentiellen Bedürfnissen ausrichtet und konstituiert.

Aber auch diejenigen Abstraktionen von der Realität, die zu hermetisch-unbewußten Selbstmanipulationen führen, bedürfen einer Symbolik, die sozial valent ist. Sie haben nicht nur für den Akteur vereinnahmungsstrategische Bedeutung, auf die sich Wunschvorstellungen einstellen, sie sind nicht nur für ihn besondere Objekte von Bewertungen, sondern schließen mit der Möglichkeit der Auf- und Abwertung auch den Rezipienten über dessen Welt- und Selbstbilder ein. Ohne die Unterstellung dieser sozialen Valenz wären die extremen Formen von Selbsttäuschung in den hier analysierten Beispielen nicht möglich. Weil deren Eindruckswerte historisch nachweisbare Funktionszusammenhänge reflektieren, sind sie Ausdruck sozialer Valenzen. Erst Eindruckswerte generieren Vorstellungsbilder, die soziale Valenzen überhöhen und generalisieren, so daß sich Welt- und Selbstbilder zu einem subjektiven Versprechen dynamisieren können. Ihr Ausgangspunkt sind Eindruckswerte, die auch als nichtdiskursive Ideologie die Ausrichtung auf zentrale Symbole einer Wirklichkeitsokkupation bis zu ihrer bedingungslosen Affirmation bewirken können.

Eine Form der Fügsamkeit, nämlich Fraglosigkeit zu bewirken, ist das Anliegen des ersten nichtdiskursiven von drei Beispielen politischen Werbens.

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